Portrait 3 Minuten 05 Februar 2021

Fünf Fragen an... Sascha Kemmerer, Restaurant Kilian Stuba im Kleinwalsertal

Sie wollten schon immer einmal ein bisschen mehr über die besten Köchinnen und Köche des Landes erfahren? In der Reihe "Fünf Fragen an..." stellen wir bekannten Persönlichkeiten von im Guide MICHELIN ausgezeichneten Restaurants fünf Fragen zu ihrem Beruf und ihren Erlebnissen in der faszinierenden Welt der Sternegastronomie.

Für diese Ausgabe von „Fünf Fragen an…“ kamen wir mit Sascha Kemmerer ins Gespräch. Als Küchenchef des Restaurants “Kilian Stuba” im “Travel Charme Ifen Hotel” in Hirschegg im österreichischen Kleinwalsertal bietet er kreative Küche, die in der aktuellen Ausgabe 2020 mit einem MICHELIN Stern ausgezeichnet ist.

1. Erklären Sie und uns doch kurz Ihren Werdegang.

In einer Gastronomie-Familie aufgewachsen, war klar, dass ich meinen beruflichen Weg hier einschlagen würde. Und nachdem mein Vater nicht wollte, dass ich im Service lerne, habe ich mich damals also entschieden, als Koch zu starten.

Meine Ausbildung habe ich dann im Allgäu gemacht. Bei Armin Langer in „Langers Schlemmerstubn“, ein kleines, familiengeführtes Unternehmen, in dem ich gelernt habe, was ambitioniertes Kochen und Arbeiten bedeutet. Da war für mich klar, dass ich in der Sternegastronomie bleiben möchte. Mein Berufsschullehrer in dieser Zeit war im Übrigen Ortwin Adam, der im „alten“ Ifen Hotel bereits 1978 einen Stern erkochte. Also lange bevor ich wusste, dass ich einmal in denselben geschichtsträchtigen Räumlichkeiten auf seinen Spuren wandeln würde.

Tatsächlich wäre ich gerne ins „Burj Al Arab“ nach Dubai gegangen – damals das einzige 6-Sterne-Hotel der Welt – aber nachdem ich nicht einreisen durfte, weil ich noch nicht 21 Jahre alt war, habe ich mich dann zunächst für die Insel Sylt entschieden und meine Zeit vor der Bundeswehr dort im “Landhaus Stricker” verbracht.

Eine Station, die mich sehr geformt hat, war dann ein Stage bei Armin Karrer (ehemaliger Witzigmann-Schüler) im Stuttgarter Fernsehturm. Dort habe ich zum ersten Mal wirklich hinterfragt, ob diese Härte in der Spitzengastronomie richtig und notwendig ist.

Vier weitere besternte Restaurants folgten als Stationen, wovon die “Villa Hammerschmiede” sicher die prägendste und wichtigste war. Die Produkt- und Saucenqualität hat mich bei Markus Nagy genauso beeindruckt wie seine Art von Führungsstil, da habe ich viel mitgenommen. Mit insgesamt vier Sterneköchen aus der heutigen Zeit, die dort Chef de Partie oder Souschef waren, habe ich da zusammengearbeitet – auch das zeigt, was für ein guter Ausbilder Nagy war.

Von dort aus folgte meine erste Auslandsstation im “Schloss Fuschl”. Das war wirklich ein einmaliger Sommer – was für ein magischer Ort!
Vom Fuschlsee bin ich weitergezogen an einen weiteren wunderschönen Ort: ins “Grande Roche” nach Südafrika. Fremde Aromen, die vielfältigen Eindrücke, die Menschen in diesem Land - das hat mich tief beeindruckt und ich habe mich sehr in die Kultur dort verliebt.

Nach einem etwas holprigen Start zurück in Deutschland wurde ich Küchenchef in einem sehr ambitionierten Restaurant in Bolsterlang, wo ich für meine Küche auch mit den ersten Hauben und dem Bib Gourmand ausgezeichnet worden bin.

Und vor mittlerweile über 10 Jahren bin ich dann im “Ifen Hotel” im Kleinwalsertal angekommen, habe es miteröffnet und dort auch im Jahr 2012 meinen ersten Stern für unser Gourmetrestaurant „Kilian Stuba“ bekommen.

Plating by Sascha Kemmerer - Kilian Stuba - © Annette Sandner
Plating by Sascha Kemmerer - Kilian Stuba - © Annette Sandner

2. Was schätzen Sie an der Region, in der Sie kochen, am meisten?

In dieser Region und mit den Produkten, die hier erzeugt werden, kann man etwas ganz Außergewöhnliches schaffen. Die Reduktion auf Qualität erfährt hier einen ganz besonderen Stellenwert und die Produkte lassen sich mit einer persönlichen Note weiter definieren und ausschmücken, behalten aber immer ihre ganz besondere Persönlichkeit.
Aber nicht nur die Lebensmittel, auch die Charaktere, Räumlichkeiten und die Umgebung haben ihren ganz eigenen Charme.


“...wir haben gespannt drauf gewartet, weil wir zwar das Gefühl hatten, dass wir getestet wurden, aber natürlich keine Ahnung hatten.”

3. Die Küche(n) welches Landes/welcher Länder faszinieren Sie am meisten?

Ich liebe tatsächlich seit meinem zweijährigen Aufenthalt dort die Vielfalt Südafrikas. Die Kolonialzeit und damit die Einflüsse von so vielen Nationen, Küchen, Gewürzen und Zubereitungsarten ist so spannend und vielseitig. Ich hatte die Möglichkeit, dort sehr viel mitzubekommen, das war schon etwas ganz Besonderes. Die Cape Malay Kitchen hat mich sehr berührt. Exotische Anklänge in meinen Gerichten, „Erinnerungen an Kapstadt“ im Menü, Chutneys aus getrockneten überreifen Früchten..., ich greife immer noch sehr gerne auf dies sensorischen Erinnerungen aus dieser Zeit zurück.

Eine zweite Faszination ist für mich als gebürtiger Münchner meine kulinarische Heimat und der Stolz der bayerischen Küche. Wie man sich über ein Schnitzel, einen Schweinsbraten, oder einen Knödel freuen kann!
Und selbstverständlich waren auch die Eindrücke auf meinen Frankreich-Reisen immer außergewöhnlich.


4. Eine lustige Anekdote aus Ihrem Berufsalltag:

Sascha_Kemmerer_Kilian_Stuba_Hirschrücken_aus_heimischer Jagd_Steinpilze_Petersilie_Sarawak_Pfefferjus_Annette Sandner.jpg

Vor einigen Jahren habe ich es gut gemeint und im Restaurant im Service ausgeholfen, weil wir alle sehr viel zu tun hatten. Wir hatten ein getrüffeltes Huhn auf der Karte, das am Tisch tranchiert wird, was ich nun persönlich übernehmen wollte. Ich bin samt Huhn raus zum Gast und habe mit der Gabel so schwungvoll hineingestochen, dass es in hohem Bogen und auf direktem Weg auf dem Fußboden gelandet ist. Unmittelbar vor dem Kamin lag es, dem Gast von Tisch 5 zu Füßen. Er hat zu mir gesagt: „Schneiden Sie es bitte auf, das geht schon noch. Ich möchte nicht nochmal warten!“ Ich bin natürlich fast im Erdboden versunken, habe das Huhn dann aber doch aufgesammelt und ihm natürlich ein neues gebraten.


5. Was war es für ein Gefühl, als Ihr Restaurant zum ersten Mal mit einem Stern im Guide MICHELIN ausgezeichnet wurde? Wo waren Sie, als Sie es erfuhren?

Aufgrund eines Telefonats wussten wir, dass das Kleinwalsertal in die deutsche Ausgabe des Guide MICHELIN aufgenommen wird und damit auch wir in die deutsche Ausgabe fallen würden.
Und wir haben gespannt drauf gewartet, weil wir zwar das Gefühl hatten, dass wir getestet wurden, aber natürlich keine Ahnung hatten.

Wir saßen also in meinem kleinen Büro und sobald die Michelin Liste irgendwo online war, haben wir natürlich hektisch nachgesehen, ob wir darauf stehen. Die Liste ist ja bekanntermaßen nach Bundesländern sortiert und Vorarlberg (zu dem wir gehören) ist natürlich nach allen deutschen Bundesländern ganz am Ende des Alphabets. Ich habe also gescrollt und gescrollt und gescrollt und die Spannung stieg – bis wir uns dann ganz unten, wirklich als allerletzte Position, auf der Liste entdeckt haben.

Ich und all meine Köche waren sprachlos, wir hatten Tränen in den Augen und es war ein ganz besonderer Moment und ein ganz besonderer Tag. Es waren sehr viele Mitarbeiter dabei, die noch nie in einem Sternerestaurant gearbeitet hatten und gar nicht glauben konnten, dass sie das erreicht haben.
Es gab dann viel Champagner.

Saibling gebeizt, zweierlei Kaviar, Gurkenrelish - © Annette Sandner
Saibling gebeizt, zweierlei Kaviar, Gurkenrelish - © Annette Sandner

Zusatzfrage: Diese drei Dinge sind in meiner Küche unentbehrlich:

Ein Löffel, genügend Sauce zum Nachnehmen und ein gutes, fruchtiges, nicht zu bitteres Olivenöl.


Wir bedanken uns ganz herzlich bei Sascha Kemmerer für das Interview und die interessanten Einblicke und wünschen ihm auch in Zukunft viel Freude und gute Ideen am Herd!

Illustrationen: © Annette Sandner


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Kilian Stuba

€€€€ · Kreativ
Ein MICHELIN Stern: eine Küche voller Finesse – einen Stopp wert!
Oberseitestraße 6, Hirschegg

Portrait

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