Portrait 4 Minuten 22 Januar 2021

Fünf Fragen an... Bobby Bräuer, Restaurant EssZimmer in München

Sie wollten schon immer einmal ein bisschen mehr über die besten Köchinnen und Köche des Landes erfahren? In der Reihe "Fünf Fragen an..." stellen wir bekannten Persönlichkeiten von im Guide MICHELIN ausgezeichneten Restaurants fünf Fragen zu ihrem Beruf und ihren Erlebnissen in der faszinierenden Welt der Sternegastronomie.

Für diese Ausgabe von „Fünf Fragen an…“ kamen wir mit Bobby Bräuer ins Gespräch. Als Küchenchef des Restaurants “EssZimmer” in der Münchner BMW Welt bietet er kreative Küche, die in der aktuellen Ausgabe 2020 mit zwei MICHELIN Sternen ausgezeichnet ist.

1. Wie sieht ein „normaler“ Arbeitstag bei Ihnen aus?

Das habe ich schon fast vergessen – zurzeit sieht er dank der To-Go-Menüs wirklich ganz anders aus – nicht weniger Arbeit, aber jeden Abend zu Hause – auch mal interessant.

Aber Sie fragen nach normalerweise: Wir haben ja das “EssZimmer” normalerweise (mal sehen, wie sich das in diesem Jahr noch entwickelt) erst abends geöffnet. Der Tag fängt meistens mit kleinen Besorgungen von Händlern in meiner Nähe an. Danach werden täglich die frischen Waren angeliefert und diese für den Abendservice vorbereitet. Jus, Fonds, Essenzen bereiten wir natürlich nicht jeden Tag zu – die entstehen „zwischendurch“. Da wir auch neue Gerichte immer im Team entwickeln, kann es auch jeden Tag sein, dass wir Neues ausprobieren. Ansonsten ist es bei uns der gleiche Alltag wie bei allen Kollegen.

Um 17 Uhr setzen wir uns, Küche und Service gemeinsam, an einen großen Tisch im Restaurant und essen zusammen. Mir ist das Personalessen sehr wichtig, deswegen bereite ich es meistens auch persönlich zu. Wie soll man gut kochen, wenn man nicht gut isst!

Um 18.30 Uhr gibt es eine Servicebesprechung und dann folgt der Küchenaufbau. Abendservice-Beginn ist um 19.00 Uhr.

Das klingt alles nach ziemlicher Routine, aber in Wirklichkeit ist doch jeder Tag wieder anders. Mal kommt eine Event-Besprechung dazu, mal ein Termin mit neuen Lieferanten. Mal braucht ein Mitarbeiter persönliche Zuwendung oder die Geschäftsleitung will etwas besprechen. Und der Service selbst ist natürlich auch nicht immer gleich. Jeder Abend bringt andere Gäste und auch der Flow in der Küche ist nicht automatisch jeden Tag derselbe. Aber das ist ja auch das Schöne an unserem Beruf: Wir haben es mit Menschen zu tun.

Restaurant EssZimmer in der BMW Welt München
Restaurant EssZimmer in der BMW Welt München

2. Erklären Sie und uns doch kurz Ihren Werdegang.

Kurz ist in meinem Alter ein bisschen schwierig. Aber ich versuche es mal.

Nach dem Abitur und zwei Semestern BWL wusste ich nicht so recht, was ich machen sollte (BWL sollte es jedenfalls nicht sein). Die Kochlehre bei Otto Koch im damaligen „Le Gourmet“ in München (1 Stern) war dann sicherlich einer meiner größten Glücksfälle. Denn Otto Koch hat die ersten sechs Monate meiner Lehrzeit (nachdem ich durch einen Bekannten zu ihm vermittelt wurde) sehr viel Geduld mit mir gehabt. Aber dann hat es „Klick“ gemacht bei mir und meine Begeisterung für diesen Beruf war geweckt. Die Leidenschaft dafür hat mich auch nie wieder verlassen. Otto vermittelte mich dann in die „Fischerzunft“ zu André Jäger nach Schaffhausen (1 Stern). Über eine Stage im „L’Oasis“ in La Napoule (3 Sterne) und einem guten halben Jahr im „La Casanove“ des Weinguts Avignonesi in Chianciano Terme ginge es dann in die „Schweizer Stuben“ (2 Sterne), damals unter der Leitung von Dieter Müller.

Im Februar 1989 kam ich das erste Mal für ein Jahr zu Eckart Witzigmann in die “Aubergine” in München (3 Sterne). Dann übernahm ich mit Otto Koch die Position des Küchenchefs im “Schwarzwälder” in München und kehrte im März 1991 als Souschef in die “Aubergine” zurück. Eckart Witzigmann ist sicherlich der Chef gewesen, der mich mit seinem Kochstil am meisten geprägt hat.

Meine erste eigene Küchenchefposition übernahm ich in einem sehr schönen italienischen Restaurant im München Solln, dem „Al Pino“. Und Anfang 1994 bewarb ich mich bei der Familie Geisel als Küchenchef für das Hotel “Excelsior”. Daraus wurde nichts – dafür bot mir Carl Geisel die Küchenleitung des Restaurants “Königshof” an. Wieder ein großer Glücksfall.

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Mit 32 Jahren übernahm ich eine Mannschaft von über 30 Mitarbeitern und war für alle kulinarischen Belange des Hotels, mit Schwerpunkt auf dem Gourmetrestaurant, zuständig. Das war eine große Aufgabe, an der ich aber wachsen konnte. Zahlreiche Auszeichnungen motivierten mich und mein Team natürlich auch – nur der verflixte Stern wollte nicht kommen. Als ich dann beschlossen hatte, es vielleicht doch in einem anderen Haus zu probieren, war er dann plötzlich da, der erste eigene Stern – ein großartiges Gefühl. Bis zum nächsten musste ich dann zwei Jahre warten, denn über den Umweg des Restaurants „Ca‘ Brunello“ in München übernahm ich 2001 die Küchenleitung und Geschäftsführung des Restaurants „Victorian“ in Düsseldorf (mit Gourmetrestaurant, Bistro und Banketträumlichkeiten sowie Eventcatering), das gerade aufgrund des Weggangs von Günther Scherrer den Stern verloren hatte. Er kam dann in meinem zweiten Jahr wieder und blieb (der Stern, nicht Günther Scherrer).

Mich aber zog es nach Berlin in die „Quadriga“ im “Brandenburger Hof.” Ein damals wunderschönes Haus. Hier war ich – aus einer eigentlich mal nur für ein Garni-Hotel geplanten Küche heraus – verantwortlich für das Gourmetrestaurant, das normale Hotelrestaurant (inkl. Frühstück) und für sehr viele kreative Events, die wir damals durchführten (von der Fahrt auf dem Dreimaster Thalassa von Rügen nach Dänemark und zurück über das Catering mit Edel-Picknick für Klassikkonzerte in der Waldbühne bis zum Kochen im Berliner Dom).

2008 erhielt ich das Angebot, ein Gourmet- und Golfresort (“Grand Tirolia”) in Kitzbühel ganz neu zu eröffnen. Das war eine Herausforderung, der ich nicht widerstehen konnte. Ich war verantwortlich für das Gourmetrestaurant “Petit Tirolia”, für das Hotelrestaurant, für das Golfbistro und für alle nationalen und sehr internationalen Events, die in den folgenden Jahren hier stattfinden sollten. In der Tat wurde das “Grand Tirolia” zu einer echten Gourmet-Attraktion (und ich zum Gault-Millau-Koch des Jahres in Österreich gewählt, was mich, gerade als Deutscher in Tirol schon sehr gefreut hat).
Dann - und parallel zu einem Managementwechsel im “Grand Tirolia”, der schon eine Abkehr von der Gourmet-Linie erahnen ließ – kam eine einfach unwiderstehliche Anfrage. Die kulinarische Leitung aller Outlets in der BMW Welt in München für Michael Käfer.
Ein Tagesbistro (“Coopers”), ein Café (“Bikers”), eine Brasserie (“Bavarie”) und der gesamte Event-Bereich der BMW Welt gehören dabei ebenso dazu wie mein Schwerpunkt: Das Gourmetrestaurant “EssZimmer by Käfer” hoch oben in der architektonisch beeindruckenden BMW Welt.
Diese Aufgabe war groß, und ich konnte sie nur – immer noch mit ein wenig Herzklopfen – annehmen, weil ich in den Jahren davor in all meinen Stationen gelernt habe, auch groß zu denken und zu organisieren.
Dass wir mit dem “EssZimmer“ dort seit 2014 mit 2 MICHELIN Sternen ausgezeichnet sind, macht mich und mein Team sehr stolz - lässt uns aber ganz sicher nicht ausruhen. Dafür ist unser Beruf viel zu spannend und die Gäste erwarten zurecht das besondere Erlebnis.

3. Welches Gericht wird Ihnen immer in Erinnerung bleiben? Wo haben Sie es gegessen?

Es gibt kein einzelnes Gericht. In den fast 40 Jahren, in denen ich in dieser Branche bin, haben mich viele Gerichte von Kollegen beeindruckt. Stile und Trends ändern sich ja auch im Lauf der Zeit und damit natürlich auch die Handschriften von uns Köchen. Das macht es schwierig, ein Gericht von vor 20 Jahren mit einem heute zu vergleichen.


“Ich genieße es tatsächlich, auch mal nicht zu kochen...”

4. Welche Tipps würden Sie jungen Köchen mit auf den Weg geben?

Seien Sie immer neugierig und offen für neue Ideen. Geben Sie nicht bei den ersten Hindernissen auf. Lassen Sie sich bei Ihrer Karriere ein bisschen Zeit – Sie haben noch sehr viel davon vor sich. Und vor allem: Wo auch immer Sie sind, zeigen Sie Eigeninitiative.


5. Wie verbringen Sie Ihre Freizeit, wenn Sie gerade nicht kochen? Haben Sie ein Hobby?

Ich genieße es tatsächlich, auch mal nicht zu kochen und mich stattdessen bekochen zu lassen, wenn ich frei habe. Nur im Sommerurlaub ist das anderes. Da mieten wir gerne eine Wohnung im Süden und den Versuchungen der Märkte dort kann ich natürlich nicht widerstehen.
In meiner Freizeit habe ich kein „Hobby“, aber einen Schrebergarten (wenn mir das mal einer vor 10 Jahren gesagt hätte) und da kann ich mich austoben (mit der Schaufel), bewegen (so ein Tag dort gibt vielleicht Muskelkater!) und mich inspirieren lassen (von allem, was da so aus der Erde sprießt). Und ich kann mich auch mal einfach faul in die Sonne legen und ein Buch lesen.

Zusatzfrage: Diese drei Dinge sind in meiner Küche unentbehrlich:

Ein scharfes Messer
Zeit
Mein Team


Wir bedanken uns ganz herzlich bei Bobby Bräuer für das Interview und die interessanten Einblicke und wünschen ihm auch in Zukunft viel Freude und gute Ideen am Herd!


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EssZimmer

€€€€ · Französisch-modern, Kreativ
Zwei MICHELIN Sterne: eine Spitzenküche – einen Umweg wert!
Am Olympiapark 1, München

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