Nachhaltigkeit 1 Minute 26 Mai 2020

„100/200 Kitchen“ - am Hamburger Billhafen wird nachhaltige kulinarische Innovation gelebt

Wer das „100/200 Kitchen“ besucht, lässt sich auf ein einzigartiges Fine-Dining-Erlebnis ein, bei dem man sich von Anfang an die Frage stellt: Küche oder Restaurant?

Der gebürtige Niedersachse Thomas Imbusch gehört eindeutig zu den Großen, und das ist nicht nur auf seine Statur bezogen, sondern auch auf seinen Ideenreichtum! Seine erste Selbstständigkeit haben ihn und sein Team in ein Gebiet tief im „Nirgendwo“ Hamburgs verschlagen, welches bisher nicht gerade für eine ausgesprochen hochstehende Kulinarik bekannt war. Nämlich an den Billhafen in Rothenburgsort, nahe den Elbbrücken. Und genau hier leuchtet nun seit der Ausgabe 2019 Imbuschs erster MICHELIN Stern! Wer seine Küche erleben möchte, muss online über ein Ticketsystem reservieren. Angekommen am „Brandshof“, einem ehemaligen Lagergebäude mit Industrieflair, geht es per Lift in die 3. Etage. Und dann wundert man sich zuerst einmal: „Ist das hier ein Restaurant oder eine Küche“? Nun ja, sagen wir es mal so: Es ist gewissermaßen beides in einem. Und obwohl doch sehr stark vom Edelstahl der Küche, den als recht „rough“ zu bezeichnenden Holztischen und den anthrazitfarbenen Wänden geprägt, ist es eine 400 qm große „Essküche“ mit Charme und persönlicher Note. Hier erklärt sich auch auf elementare Art und Weise der Namen des Hauses. 100° steht für das Kochen und 200° für das Garen im Ofen. Mittendrin Imbuschs ganz persönlicher „Rolls Royce“, ein Herd von Molteni, quasi die Keimzelle des „100/200 Kitchen“!

„Nose to tail“ nicht nur Ansatz, sondern auch feste Überzeugung
Thomas Imbuschs Philosophie spiegelt sich in seinen Speisefolgen deutlich wider: sehr reduzierte und auf das Wesentliche konzentrierte Zubereitungen und Menüs, in denen immer das ganze Tier verarbeitet wird. Wiederholungen des Hauptprodukts sind nicht nur akzeptiert, sondern in variierender Form sogar gewollt. Seine Produkte findet er bei Landwirten bei Fischern und Erzeugergemeinschaften oder auch in den Hamburger Elbgärten. Bei aller Produktqualität und Regionalität, man möchte hier niemanden bekehren, denn das Thema Nachhaltigkeit in der Spitzengastronomie ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Dafür steht er und das will er auch vorleben, daher auch die klare Botschaft: „Für uns ist Verzicht Verantwortung und mit Respekt vor dem Klima, der Natur und den Gezeiten komponieren wir die Kreisläufe des Lebens zu einem allumfassenden Mahl in vier Akten. Daher wird bei mir auch radikal das gegessen, was auf den Tisch kommt“. Und das sieht dann z. B. beim Weiderind so aus: zuerst die Leber mit Rosenkohl und Kürbis, dann die Lunge „à la Bordelaise“ und zum Schluss der Rücken mit grünem Pfeffer.

Mittendrin, immer im Geschehen und dennoch für sich
Wer denkt, dass in der offenen Atmosphäre des „100/200 Kitchen“ ein vertrautes oder verliebtes Gespräch zu zweit nicht möglich ist, der täuscht sich, denn hier ist bei allem Engagement auch für die nötige Diskretion gesorgt. Thomas Imbusch und sein überaus versiertes Serviceteam sind zwar bemüht, zu erklären und Wissen weiterzugeben, aber man versteht sich in erster Linie als Ort des Genusses und nicht als Oberschule. Spätestens beim Thema Getränke/Wein und Service hat dann Chefin und Sommelière Sophie Lehmann, die Frau von Thomas Imbusch, ihren Einsatz. Sie ist gelernte Köchin sowie Hotelfachfrau und geht ebenfalls gerne eigene Wege, denn sie spricht keine reinen „Etiketten-Empfehlungen“ aus, sondern überrascht ihre Gäste auch oft mit unbekannten Namen.

Illustration © Guide MICHELIN

© René Flindt
© René Flindt

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