Für diese Ausgabe von „Fünf Fragen an…“ kamen wir mit Anthony Sarpong ins Gespräch. Als Küchenchef des Restaurants Anthony's Kitchen bietet er eine kreative Küche mit südamerikanischen und asiatischen Einflüssen, die in der aktuellen Ausgabe 2020 mit 1 MICHELIN Stern ausgezeichnet ist.
1. Eine lustige Anekdote aus Ihrem Berufsalltag:
Lachen. Bei einem Kochkursus unserer Akademie kommt meine Tochter Asantewaa zu mir, nimmt einen Löffel, probiert meine Jus und sagt: „Da müsste noch etwas mehr Rosmarin dran“.
Alle schauen mich an. Ich nehme einen neuen Löffel, probiere und musste zugeben: „stimmt“.
Der erste Applaus für meine Tochter mit 14. Ich war sowas von stolz.
2. Wie sieht ein „normaler“ Arbeitstag bei Ihnen aus?
Zunächst ordnet mein Berater für mich morgens die Prioritäten, weil wir zahlreiche Gewerke zeitgleich organisieren müssen.
Darunter sind das Anthony’s, mein Charity e.V. Afrika 2.0 und die GPe.V. Gesellschaft für Prävention in Bonn – da müssen wir “à jour” sein und reaktionsfähig bleiben.
Dann Daily Team Meeting: Was ist reingekommen an Bestellungen, Allergene oder Vorlieben der Gäste, Rohstoff-Order. Alles, was noch organisiert werden muss, Testkochen neuer Texturen, Kalkulationen, Entwicklungen neuer Layouts der kommenden Menüs.
Dann die Kinder von der Schule abholen, Essen kochen, Kochboxen-Check, Vorbereitung auf das nächste Buch mit dem Verlag, was erhöhte Konzentration fordert.
Besprechung und Beantwortung von Presseanfragen etc., Termine vor Ort.
Ab nach Hause, den ältesten Sohn zum Fußballtraining nach Leverkusen zu seinem Verein Bayer 04 bringen und wieder zurück. Meine Kinder zwischendurch liebhaben und ausreichend Flüssigkeit nicht vergessen, damit die Körperbatterie funktioniert.
Dann nachts vor dem Zubettgehen noch für eine Stunde ins Gym, damit ich fit bleibe, weil meine Frau einen kernigen Mann an ihrer Seite behalten möchte.
3. Welches Gericht wird Ihnen immer in Erinnerung bleiben? Wo haben Sie es gegessen?
FUFU - unser Nationalgericht in Ghana. Ohne FUFU geht in Ghana nichts, hier übrigens auch nicht.
Das erste Mal gegessen habe ich es bei meiner Oma in Kumasi, aber jeder in unserer Familie kann es mittlerweile im Schlaf, selbst mein jüngster Sohn Lamont. Das ist halt so unser Familiending.
“Wir arbeiten von Beginn an auf sehr hohem Niveau, doch im Sog dieser sehr ausfüllenden Tätigkeit haben wir ehrlich gesagt nicht gewagt, an einen Stern zu denken.”
4. Was war es für ein Gefühl, als Ihr Restaurant zum ersten Mal mit einem Stern im Guide MICHELIN ausgezeichnet wurde? Wo waren Sie, als Sie es erfuhren?
Ich war im Anthony’s und putzte gerade die Küche, als das Telefon klingelte, und bekam fast einen Herzinfarkt, als ich das hörte.
Wir arbeiten von Beginn an auf sehr hohem Niveau, doch im Sog dieser sehr ausfüllenden Tätigkeit haben wir ehrlich gesagt nicht gewagt, an einen Stern zu denken. Erst als wir die Bestätigung erhielten, begannen wir, all das zu reflektieren und tatsächlich diesen Fakt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.
Plötzlich wuchs in uns allen der Wille, am nächsten Tag mindestens noch besser zu sein als am Vortag.
Das machten wir eigentlich schon immer irgendwie, doch mit dem Stern hatten wir plötzlich eine Bestätigung unseres Niveaus.
Da noch besser werden zu wollen, ist wie ein positiver Drang, wenn man mit Leib und Seele Koch ist und etwas hinterlassen möchte.
5. Was ist für Sie die Gastronomie der Zukunft?
Ich unterscheide sehr zwischen der mit menschlichen Werten verbundenen Gastronomie und der Streetfood-Branche.
Beim Streetfood wird überwiegend die Stimulation des Hungergefühls bedient und zwangsläufig extrem selten auf nachhaltige Verpackung geachtet.
Auch die Inhalte im Streetfood-Sektor müssen zwangsläufig billiger sein bei den Preisen, sonst wäre es kein Streetfood. Es muss wie sonst jedwede Kalkulation vom Herstellungsprozess und Einkauf über das Marketing, die Personalkosten, den Vertrieb bis zur Serviette berücksichtigt sein, um Kunden zu erreichen.
Das unterscheidet Streetfood von Gastronomie. Gastronomie bedient Gäste und Streetfood hat Kunden.
Da geht’s auch nur über die Masse und das ist allein schon von den zur Verfügung stehenden natürlichen und nachhaltigen Ressourcen nicht machbar. Diese sind Kernzellen unserer planetenkonformen* Philosophie.
*planetenkonform:
Glückliche Menschen produzieren, dienen und handeln gemeinsam in respektvoll nachhaltigem Einklang mit Flora, Fauna & Planet für ein gutes Jetzt und eine sichere Zukunft folgender Generationen.
Diesem Ehrenkodex fühlen wir uns verpflichtet, er trennt uns von den Mitbewerbern durch unsere eigene DNA.
Wo sehe ich die Branche in der Zukunft?
Die gesamte Branche verändert sich schlagartig und wird auch den Faktor Gesunderhaltung durch genussvolle Prävention und achtsame Lebensführung zur Tagesordnung machen müssen, um zu überleben.
Denn alles andere lernten die Konsumenten im Corona-Szenario: daheim selber kochen oder im Stehen auf der Straße essen.
Da bleibt nur noch der Charakter eines zuverlässigen Lieferanten für das Daheim-Kochen oder das Event im Online-Meeting, bis wir wieder zu einer neuen Normalität zurückkehren und unsere Restaurants wieder für die Genießer öffnen dürfen.
Dazu bilden wir gerade Arbeitsgruppen in der GPe.V., um der Gastronomie Optionen anzubieten.
Zusatzfrage: "Diese drei Dinge sind in meiner Küche unentbehrlich:" …
1) Mein Geruchssinn
2) Extrem scharfe Messer
3) Funktionierender Herd
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Anthony Sarpong für das Interview und die interessanten Einblicke und wünschen ihm auch in Zukunft viel Freude und gute Ideen am Herd!
Fotos © Restaurant Anthony's Kitchen