An diesem sommerlichen Abend freuen sich unsere Inspektoren auf die moderne und kreative mediterrane Küche des Italieners Matteo Ferrantino im bianc, das 2O2O mit dem zweiten MICHELIN Stern ausgezeichnet wurde.
Von großer Vorfreude war bereits vor dem Besuch in der Redaktion zu hören. Von rund 250 Testessen, die unsere Inspektorinnen und Inspektoren im Jahr absolvieren, sind die 2- und 3-Sterne-Restaurants immer noch besondere Highlights und alles andere als alltäglich. Auf diese Essen freut man sich als Inspektor mindestens genauso wie Sie. Vielleicht ist die Freude bei unseren Inspektorinnen und Inspektoren vielfältiger. Als Inspektor möchte man dazuzulernen, Neues kennenlernen und diese einzigartigen Häuser in das eigene Repertoire und die Erinnerungen einordnen.

Das vollverglaste Restaurant befindet sich im Erdgeschoss des top-modernen S-KAI-Bürogebäudes in Hamburgs HafenCity. In diesem Stadtteil, in dem sich auch die 2016 fertiggestellte Elbphilharmonie befindet – übrigens in unmittelbarer Sichtweite - , könnten die Kontraste zwischen moderner Architektur und historischer Substanz kaum größer sein. Während die Speicherstadt, ein historischer Lagerhauskomplex mit roten Backsteinbauten für die Vergangenheit von Handel und Lagerung steht, verkörpern die futuristische Elbphilharmonie sowie die zahlreichen modernen neuen Gebäude die städtebauliche Zukunft.

In der Speicherstadt haben unsere beiden Inspektoren auch am späten Nachmittag in das Hotel Ameron Speicherstadt eingecheckt, die einzige Unterkunft übrigens innerhalb der Grenzen der Speicherstadt.
„Nach nur wenigen Schritten kommen wir an diesem schicken und modernen Restaurant an. Zwei Servicemitarbeiter begrüßten uns, die Garderobe wird uns abgenommen, dann zeigt uns eine junge Mitarbeiterin kurz das Restaurant und erklärt das Konzept. Dabei sehen wir die verglaste Küche und die tolle Kochbuchsammlung des Chefs. Auf dem Pass, wird bereits angerichtet. Die Handgriffe sitzen. Wir können es jetzt kaum mehr erwarten, bis es bei uns mit den Köstlichkeiten losgeht“, erzählt ein Inspektor. „Das bianc ist fast bis auf den letzten Platz ausgebucht. Es wechseln sich Fremdsprachen und die typisch hanseatischen Sprachnoten von Tisch zu Tisch ebenso ab wie das Alter der Gäste ab“, sagt seine Kollegin.
“Wir sind beeindruckt von dem Interieur. Das anspruchsvolle Design ist einer italienischen Piazza nachempfunden und schafft eine luxuriöse und zugleich gemütliche Atmosphäre. Die Innenarchitektur spiegelt die Vision des Küchenchefs wider, der mediterrane Inspiration mit modernen Akzenten verbindet. Im Zentrum des hellen Restaurants steht ein Olivenbaum aus dem Garten der Eltern in Apulien. Ergänzt mit viel Glas, modernen Lichtinstallationen, hellem Holz und italienischem Steinfußboden ergibt sich ein traumhaftes Interieur auf zwei Ebenen. Das passt perfekt zu den Kochkünsten des Küchenchefs.“

"Das Küchenteam ist international mit einem Großteil an Köchen aus der Heimat des Chefs. Es wird in der Küche auch italienisch gesprochen“, erzählt unsere Inspektorin, die mit den Köchen ins Gespräch gekommen ist. “Kopf des Sommelier-Teams ist der aus Kirgistian stammende Vadim Kremnev. Er arbeitet mit einer sehr gut sortierten Weinkarte, die in vier verschiedenen Büchern - aufgeteilt in Schaum-, Weiß-, Rot- und Süßwein - in einem Wagen an den Tisch gefahren wird. Der Fokus der Gewächse liegt hier auf Italien, aber auch großartige Rieslinge stehen auf der Karte sowie weitere internationale Appellationen.”
Couvert
„Stilvoll sitzt man hier! Die schicken und bequemen Drehstühle an großen runden großzügig gestellten Tischen erlauben eine gewisse Privatsphäre und Komfort. Es gibt einen kleinen Hocker für die Handtasche. Tischdecken sucht man vergeblich – die Holztische werden blank eingedeckt. Die Wassergläser stehen auf runden Lederuntersetzern, teils sind die Gläser mundgeblasen. Die dezente maritime Tischdekoration aus Muscheln vermittelt geradliniges mediterranes Flair.”Gerichte
Amuse-Bouches
„Das Motto zum Start in den Abend war ‚Don‘t trust your eyes‘ mit ‚Grüne Olive & Gillardeau Auster‘. Die grüne Olive sah täuschend echt aus, war aber eine grüne Sphäre und schmeckte nach Auster. Sie war intensiv im Geschmack und cremig in der Struktur. Dazu gab es eine kleine silbrig-graue Sphäre, die an die Auster erinnerte, allerdings wiederum nach Olive schmeckte. Toll! Es folgten ‚Boquerones, Gurke, Grüne Paprika‘, ein ‚Pulpo à la Gallega‘ und ein ‚Taschenkrebs, Rettich, Salicornes‘ sowie ‚Pancino, Manchego, Chorizo‘, der vom Chef Entremetier direkt am Pass der Küche serviert wurde. Den Abschluss des Auftakts machte ein ‚Rindertatar, Kräuter Parmigiano 36 Monate, Balsamico 25 Jahre‘. Das war vorab schon ein kleines Menü ‚en miniature‘ und ein toller Startschuss mit Piff, Würze und Ideen.“Bluefin Tuna | Ingwer | Imperial Kaviar
„Ein schlichtes Gericht, das geschmacklich sehr beeindruckte. Der Bluefin-Thunfisch war von ausgezeichneter Qualität – topfrisch -, exakt gewürfelt und ausgewogen mariniert, mit genau der richtigen Säure und einem Hauch nussigem Aroma. Er schmolz regelrecht auf der Zunge und harmonierte hervorragend mit dem intensiven Sud, der mit viel Ingwer abgeschmeckt war und reichlich salziges Umami aufwies. Dazu gab es einen frischen Radieschen-Gartenkresse-Salat mit angenehmer Schärfe und eine wunderbar knusprige Waffelblüte garniert mit Kaviar, der frisch und leicht nussig war und das Gericht harmonisch abrundete.“

Rote Garnele | Zwiebel | Cantaloupe | Pata Negra
"Die Rote Garnele war topfrisch, glasig gegart und wurde in drei Medaillons serviert. Diese waren fein glasiert und auf einer Bisque-Mayonnaise angerichtet. Dazu wurde ein sehr aromatischer, fruchtiger und buttriger Zitrusschaum serviert, der äußerst geschmackvoll und ausdrucksstark war – bemerkenswert! In einem separaten Teller wurde ein rötliches Gelee aus Tropea-Zwiebel, ein klarer Melonensud mit Melonenperlen und einem Pata-Negra-Schinken von sehr guter Qualität kombiniert – einfach toll."
Kabeljau | Grüne Mandel | Feige
"Hier servierte man eine ganze Kabeljau-Backe, sehr zart und mit saftigem Biss war. Dazu gab es aromatische, knackige, grüne Mandeln und einen sehr ausdrucksstarken und vollmundigen Fischfond, der eine intensive Würze hatte und mit etwas Mandel- sowie Feigenblattöl angereichert war. Auf einem zweiten Teller servierte man in einem knusprigen Tempura-Nest das Kinn (Kokotxa) vom Kabeljau. Dieses wurde mit einer fruchtigen und süßen Feigencreme kombiniert."
Azoren Tintenfisch | Eigelb | Guanciale | Pecorino
"Der junge und zarte Tintenfisch war hauchdünn geschnitten und wurde nahezu roh in zarten Streifen (ähnlich wie Tagliatelle) angerichtet. Er hatte einen zarten Biss und ein geschmackvolles Aroma. Serviert wurde er in einer Eigelbcreme, in die feine Tinte eingelaufen war. Dazu gab es ausgelassene, schön würzige und intensive Streifen vom Guanciale und obenauf einen Schaum aus Pecorino sowie frisch geriebener Pecorino mit einer schönen salzigen Note." Beide Inspektoren sind sich einig: „Praktisch eine Carbonara für Fischer!“ bzw. „Eine maritime Interpretation der Spaghetti Carbonara“.“Praktisch eine Carbonara für Fischer”
Pfirsichsorbet | Sangria
"Das Pfirsichsorbet wurde als Nocke serviert, war topfrisch gefroren, homogen und hatte ein wirklich großartiges, intensives Pfirsicharoma mit passender Süße. Es war in einem aromatischen Sangria-Sud angerichtet, der mit Champagner verfeinert wurde. Kleine Pfirsichwürfel unterstützten den fruchtigen Charakter. Die Kombination war wunderbar passend und aromatisch - eine perfekte Vorbereitung auf den Hauptgang."
Schwarzfederhuhn | Mais | Avocado
"Der Hauptgang bestand aus der auf den Punkt mit schönen Röststoffen gegarten Brust des Schwarzfederhuhns. Die Qualität war hervorragend, das Fleisch aromatisch. Dazu wurde eine hervorragend reduzierte, vollmundige Jus serviert und ein feines Maispüree, das eine leicht süßliche und würzige Note hatte, sowie eine geschmacklich überzeugende Maiskrokette. In einer dünnen, technisch top gemachten Zuckerrolle befand sich eine Avocadocreme. À part wurde eine Scheibe Brioche mit Zitrone und Paprika serviert. Wir haben es uns beide nicht nehmen lassen, damit auch den letzten Tropfen Sauce aufzunehmen“Pâte à choux | Banane | Lakritz
„Was für eine Geschmacksbombe von Windbeutel! Ein etwas größerer, perfekt hergestellter Windbeutel war mit einer luftigen, äußerst wohlschmeckenden Creme aus Banane und Lakritz gefüllt. Etwas Lakritzpulver obenauf sorgte für einen exzellenten Kick. Die Balance war perfekt, die Textur wunderbar, und das Spiel der Temperaturen genau richtig. Der Windbeutel wurde zeitgleich mit dem Hauptdessert serviert, verdient aber unbedingt eine eigene Erwähnung!“
Schokolade | Physalis | Vanille | Tonka
"Das Dessert bestand aus einem buttrigen und aromatischen Schokoladencrumble, begleitet von einer weißen Schokoladencreme mit feinem Vanillearoma und stimmiger Süße. Darauf ein sehr gutes Vanilleeis, das wunderbar cremig und vollmundig war. Daneben wurde ein luftiger Tonkabohnen-Espuma serviert, der harmonisch-intensiv schmeckte, und eine kleine Kaffee-Praline mit weißer Schokolade und Tonkabohne. Angegossen wurde ein fruchtig-säuerlicher Sud aus Physalis und Vanille. Dekoriert wurde das Dessert mit einer exakt gearbeiteten Schokoladenhippe und etwas Blattgold. Ein stimmiges, kontrastreiches und angenehm süffiges Dessert mit Ausdruck und toller Frische.“Die Tipps unserer Inspektoren
Für den Absacker in die Puzzle-Bar
„Wer noch einen 15-minütigen Verdauungsspaziergang durch die HafenCity machen möchte, dem sei ein Absacker im 15. Stock des Campus Towers in der Puzzle-Bar des 3-Sterne-Kochs Kevin Fehling empfohlen. Die Architektur der Bar ist ein echter Hingucker. Der imposante Tresen ist wie ein Puzzle gestaltet, dessen fehlende Teile sich an anderen Stellen in der Bar wiederfinden. Von der Außenterrasse hat man einen herrlichen Blick auf den Hamburger Hafen. Probieren!
Übernachten im Ameron Speicherstadt
Wir empfehlen das Hotel Ameron Speicherstadt! Das Gebäude selbst steht unter Denkmalschutz, und innen ist es eine Collage aus Stilen des 20. Jahrhunderts, von Art déco bis zur Moderne der Jahrhundertmitte; insbesondere die Zimmer sind warm und nüchtern schön in Hartholz, Leder und satten Farben der Sechzigerjahre. Es ist der ideale Ausgangspunkt für Sightseeing in Hamburg.
Die Redaktion behält sich vor, einzelne Details des Besuchs zu verändern, um die Anonymität unserer Inspektoren/innen zu schützen.
Die Wahl des Restaurants haben unsere Inspektoren/innen gemeinsam mit der Online-Redaktion getroffen. Die Fotos in diesem Artikel dienen der Illustration und zeigen nicht unsere Inspektoren/innen bei ihrer Arbeit.
Illustration Image: Dessert, Restaurant bianc, Hamburg © Wim Jansen