Nachhaltigkeit 1 Minute 06 August 2020

Ein 2-Sterne-Restaurant, in dem sich auch „Normalos“ wohlfühlen? Genauso eines ist das „Horváth“

Einblicke in ein unkonventionelles Spitzenrestaurant im Berliner Kneipenviertel am Landwehrkanal, in dem Nachhaltigkeit großgeschrieben wird.

Der Bezug zu Österreich kam nicht erst mit Küchenchef Sebastian Frank ins Haus

Gastronomie finden Sie hier am Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer bereits seit fast 100 Jahren. Als die damals einfache Gaststätte dann 1973 als „Exil“ neu eröffnete, zog mit dem Philosophen und Schriftsteller Oswald Wiener schon einmal ein Österreicher ein. Die Küche damals hatte allerdings herzlich wenig mit der äußerst modern und finessenreich interpretierten österreichischen Landküche zu tun, die seit Mai 2010 als Basis für die reduzierten und ausdruckstarken Gerichte des gebürtigen Mödlingers Sebastian Frank dient.

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Über Säfte, Leber aus Pilzen, Aromenkomplexität und Produkte vom Bauernmarkt

„Unsere Küche ist fordernd und durchbricht Grenzen. Fleisch, Gemüse und Fisch sind gleichberechtigt auf dem Teller und wir konzentrieren uns auf Produkte aus der Region sowie aus meiner Heimat, Österreich“. Klingt und - so viel vorweg - schmeckt auch spannend! Küche von Sebastian Frank lebt stark von Teeauszügen, Gemüsesäften, hochwertigen Ölen, Reduktionen und Essenzen. Vor allem der Sellerie hat es ihm angetan und hat in sehr vielen Gerichten eine existenzielle Bedeutung. Herrlich schmeckt z. B. „Sellerie jung und reif“, bekommt aber auch Konkurrenz von „Pilzleber & Butterstriezel“, beides „Signature Dishes“, welche eine große Fan-Gemeinde haben.

Für diese äußerst arbeitsintensive und aufwändige Küche, die voll und ganz von ihrer Aromenkomplexität, ihren Kontrasten und ihrer geschmacklichen Dichte lebt, verarbeitet Frank nur ausgesuchte Produkte der kurzen Wege. Losgelöst von den oft üblichen „Mainstream“-Luxusprodukten setzt er auf kleine Anbieter aus der direkten Umgebung, gerne vom Wochenmarkt am Maybachufer, maximal aus seiner Heimat Österreich. Und dann ist da noch die heimische Dachterrasse, auf der er Kräuter und Pflanzen für das Restaurant selbst anbaut.

Dazu noch ein „Glaserl“

Wer denkt, dass man hier nur in Sachen Speisen und Produktauswahl eigene Wege geht, der liegt falsch. Neben der immer interessant zusammengestellten Weinbegleitung serviert man den Gästen auch stets eine alkoholfreie Getränkebegleitung an, die sehr eigen und unkonventionell ist - oder wer hat schon „Zwiebelbier“, „Champignonwasser mit Anispulver“ oder „Sauerkrautsaft mit Käseöl“ in seinem Kühlschrank?

Da ist was los am Kiez

Das Ganze passt sehr gut in die Umgebung: ein Quartier, in dem es vor Kreativität und Urbanität, vor junger Kunst und multikulturellem Leben nur so pulsiert, in dem aber auch eine gewisse Bodenständigkeit verhaftet ist, wie sie eben typisch ist für das heutige Kreuzberg. Genau diese Bodenständigkeit spiegelt sich übrigens auch im Restaurant Horváth wider: schlicht, unprätentiös, gemütlich und sehr charmant. Im Sommer ist der weinumrankte Garten vor dem Haus schon lange kein Geheimtipp mehr. Kein Wunder also, dass sich quasi jede Art von Publikum hier wohlfühlt.


Portrait Sebastian Franck ©GuideMICHELIN

Illustrationen ©White Kitchen


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