Im Alten Wirt in Grünwald bei München steht seit über hundert Jahren eine Familie für gelebte Gastlichkeit. Das Haus wurde 1919 eröffnet und wird heute in vierter Generation von Jakob Portenlänger geführt. Gemeinsam mit Küchenchef Michael Kaiser bewahrt er die lange Wirtshaus-Tradition und entwickelt sie mit einem klaren Bekenntnis zu regionalen Produkten, ökologischer Verantwortung und handwerklicher Küche weiter.
Das Gasthaus am Marktplatz verbindet Geschichte und Gegenwart auf selbstverständliche Weise. Im Sommer sitzt man unter alten Kastanien, im Winter in der historischen Flößerstube, deren Holzvertäfelung aus einer Tiroler Berghütte stammt. Innen prägen Holz, Lehm, Glas und Kupfer das ruhige, moderne Ambiente; durch die offene Küche wird das Kochen Teil des Erlebnisses.
Der Alte Wirt trägt einen Grünen MICHELIN Stern – er würdigt die konsequent zukunftsweisende Ausrichtung von Gastronomie. Alle Lebensmittel stammen aus ökologischem Anbau und sind durch die staatlich anerkannte Kontrollstelle ABCert geprüft. Verarbeitet werden Produkte von Bioland-, Demeter- und Naturland-Betrieben, viele davon direkt aus der Umgebung. Gekocht wird ohne Fertigprodukte oder Zusätze – vom selbst gebackenen Brot bis zum hausgemachten Eis.
„Familie Portenlänger ermöglicht mir die Verarbeitung bester Bio-Produkte vom Brot bis zum Fleisch aus der Region. Aber ‚Bio‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ werden auch gelebt, Solarstrom, keine Einwegprodukte, regelmäßiger persönlicher Austausch mit den Erzeugern, selbst die Hotelzimmer sind ‚baubiologisch‘.“
— Michael Kaiser
Die Karte bietet, was ein bayerisches Wirtshaus ausmacht: Klassiker wie Schweinsbraten in Dunkelbiersauce, Wiener Schnitzel vom Milchkalb oder Käsespätzle mit Röstzwiebeln, daneben vegetarische Gerichte wie Kürbisrisotto mit gegrilltem Ziegenkäse oder Eintopf nach Pichelsteiner Art mit bayerischem Räuchertofu. Fisch, Wild und Gemüse stammen aus regionaler Erzeugung und wechseln mit den Jahreszeiten. Jeden Abend um 18 Uhr wird traditionell ein Holzfass-Bier angestochen – ein Ritual, das die Verbindung von Küche, Ort und Gemeinschaft sichtbar macht.
Schupfnudeln – süddeutsches Handwerk mit böhmischen Wurzeln
Schupfnudeln, auch Fingernudeln genannt, gehören zu den traditionellen Teigspeisen in Süddeutschland – aber auch in Österreich und Tschechien. Der Name leitet sich vom „Schupfen“ ab – dem Wegrollen des Teigs mit der Hand. Ursprünglich bestanden sie aus Mehl, Wasser und Ei; seit dem 17. Jahrhundert wird der Teig häufig mit Kartoffeln zubereitet, die das Gericht weicher und nahrhafter machen.
Bereits im Dreißigjährigen Krieg galten Schupfnudeln als einfaches Soldatengericht, geformt aus Mehl und Wasser. Mit der Verbreitung der Kartoffel entstanden zahlreiche regionale Varianten. In Schwaben und im alemannischen Raum heißen sie Bubenspitzle, in Österreich Erdäpfel-Schupfnudeln; in Böhmen und Mähren kennt man süße Formen wie Škubánky oder Šúľance, meist mit Mohn, Zucker oder Butterbröseln serviert.
Traditionell werden Schupfnudeln aus einem weichen Kartoffelteig geformt, in Wasser gegart und anschließend in Butter oder Butterschmalz angebraten. Ihre leicht spitz zulaufende Form und die goldene Kruste machen sie unverwechselbar. In der herzhaften Variante werden sie oft mit Sauerkraut, Pilzen oder kräftigen Fleischgerichten kombiniert – wie hier zum Wildragout.
Zutaten für 4 Personen
Ragout
- ca. 1,3 kg Reh- oder Hirschfleisch aus der Keule
- Salz
- Pfeffer
- ca. 5–6 Wacholderbeeren
- 3 EL Öl
- ca. 5 Schalotten
- 2 Thymianzweige
- 2 kl. Rosmarinzweige
- 3 Lorbeerblätter
- 2 EL Tomatenmark
- 200 ml Rotwein
- 400 ml Wild- oder Gemüsefond
- 200 ml Wasser
- 6 EL Preiselbeeren
- 600 g Kartoffeln (mehlig)
- Salz
- 140 g Mehl
- 3 Eigelb
- 50 g Butter
- Pfeffer
- Muskatnuss
- 400 g Hokkaidokürbis (ein kleiner Kürbis)
- 320 g Kräuterseitlinge
- 1 kl. Rosmarinzweig
Zubereitung:
1. Für das Ragout das Reh- oder Hirschfleisch in Würfel schneiden, mit Salz und Pfeffer würzen und in heißem Öl kräftig anbraten.Die geschälten und fein gewürfelten Schalotten dazugeben und kurz mitrösten, anschließend das Tomatenmark hinzufügen und ebenfalls leicht anrösten.
Mit Rotwein, Wasser und Wild- oder Gemüsefond ablöschen und alles gut verrühren.
Thymian, Rosmarin, Wacholderbeeren und Lorbeerblätter hinzufügen, die Preiselbeeren einrühren und das Ragout bei kleiner Hitze etwa zwei Stunden langsam köcheln lassen, bis das Fleisch schön zart ist.
Ein Tipp vom Souschef: Die Gewürze am besten in ein Teesieb oder einen Kaffeefilter geben – so lassen sie sich später ganz einfach wieder herausnehmen. Während das Ragout köchelt, die Beilagen vorbereiten.
2. Für die Schupfnudeln die Kartoffeln schälen, grob schneiden und in Salzwasser weichkochen. Danach das Wasser abgießen und die Kartoffeln etwa zehn bis fünfzehn Minuten gut ausdampfen lassen.
Anschließend durch eine Kartoffelpresse drücken und mit Mehl, Eigelb, 30 g zerlassener Butter, Salz, Pfeffer und Muskatnuss zu einem glatten Teig verarbeiten.
Daraus dünne, längliche Röllchen formen und in leicht kochendem Salzwasser zwei bis drei Minuten garen, bis sie an die Oberfläche steigen. Die Schupfnudeln herausnehmen, abtropfen lassen und in etwas Öl goldbraun anbraten.
3. Den Kürbis waschen, Kerne entfernen und in Würfel schneiden. Auf einem Backblech mit etwas Olivenöl beträufeln, salzen und goldbraun im Ofen bei ca. 160 °C Umluft für ca. 15 Minuten backen bis es gar ist.
4. Die Kräuterseitlinge putzen und in mundgerechte Stücke schneiden. In 20 g Butter mit einem kleinen Rosmarinzweig etwas anbraten und mit Salz und Pfeffer würzen.
5. Zum Anrichten das zarte Wildragout auf einem Teller anrichten, die Schupfnudeln danebenlegen und mit Kürbis sowie den Kräuterseitlingen garnieren. Die restlichen Preiselbeeren separat dazu servieren.
Guten Appetit!
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Illustration Image: Wildragout mit Schupfnudeln im Alten Wirt, Grünwald © Annette Sandner