„Die Wiederentdeckung kulinarischer Klassiker“ – so steht es auf der Website des GLORIE. Unser Testesser, der seit 28 Jahren für den Guide MICHELIN durch die Restaurants der Welt reist, konstatiert begeistert: „So ein Konzept war längst überfällig. Alte Schule neu gedacht – großartig“.

“So ein Konzept war längst überfällig”
Im GLORIE stehen französische Speisen auf der Karte, die jeder Kochauszubildende kennen muss, in deren Genuss allerdings kaum ein Gast mehr kommt, da sie seltenst - bzw. fast gar nicht - auf aktuellen Speisekarten zu finden sind. Thomas Imbusch, Küchenchef und Betreiber des GLORIE und bekannter für sein 2-Sterne-Restaurant 100/200 Kitchen, rückt nun im GLORIE mit einem konsequenten A-la-carte-Konzept Klassiker wie den Hummer Thermidor – klassisch in der Hummerschale serviert und mit Cognac-Senf-Sahnesauce und Käse gratiniert -, Pâte en Crôute mit Sauce Grebiche oder Steak Frites ins Rampenlicht, indem er sie auf höchstem Niveau zubereitet und dabei zeitgemäß interpretiert. Auch den deutschen Küchenklassiker Roastbeef mit Bratkartoffeln bringt er mit außergewöhnlicher Raffinesse auf den Teller.

Das GLORIE gibt es seit Anfang 2024. Es befindet sich unweit der Elbbrücken im wenig glamourösen Stadtteil Rothenburgsort und ist im selben Industriegebäude wie das Restaurant 100/200 Kitchen untergebracht. Direkt oberhalb sitzt man hier auf der Empore an einem langen, massiven Holztisch. Man könnte meinen, dass die Gäste neidisch nach unten ins 2-Sterne-Restaurant schauen. Dem ist allerdings ganz und gar nicht so, denn was im GLORIE geboten wird, sucht seinesgleichen. Neben dem Roastbeef mit Bratkartoffeln steht hier beispielsweise ein Käsetoast auf der Karte, der mit 24 Monate gereiftem Gouda und Champignons bzw. Totentrompeten serviert wird. Die vermeintlich unprätentiöse Kanalarbeiterschnitte entpuppt sich als Kartoffelpuffer mit rohem Rindfleisch, gekrönt von einer Unze Kaviar und Crème fraîche. Sie sind neugierig geworden auf dieses Restaurant? Dann lesen Sie weiter.
Der Besuch fällt auf einen Mittwochabend. Es ist Ferienzeit und regnerisch - ein eher ruhiger Abend heute sowohl im GLORIE als auch im 100/200 Kitchen. Unser Inspektor nimmt Platz und bestellt den vom Team empfohlenen alkoholfreien Cocktail „Rauschfrei“ als Apéritif.
Für eine pro Gast verbindliche Gebühr von 35 Euro, die bei der Reservierung bereits fällig ist, wird ein hausgebackenes Weizen-Sauerteigbrot mit toller Kruste und grobporiger Krume, feinem Aroma und voller Würze serviert. Dazu gibt es eine hervorragende aufgeschlagene Joghurtbutter mit Schnittlauch-, Rosmarin- und Chili-Öl. Gefiltertes Tafelwasser, still oder sprudelnd, ist ebenfalls in der Gebühr inkludiert. Unser Inspektor wählt drei Gänge.

Der von einem Servicemitarbeiter empfohlenen trockene Ayler Saar Riesling Schonfels Faß 11 Großes Gewächs 2022 vom Weingut Peter Lauer fasziniert mit feinwürziger Frucht- und zarten Schiefernoten sowie einer feingliedrigen Struktur und wird ausgezeichnet sowohl zu der Pastete als auch zum Hummer passen.
Die Vorspeise Pastete vom Rind im Teigmantel mit Sauce Grebiche und Essiggemüse wird serviert. Sie bringt ultraklassische Kulinarik aus den 50er bis 90er Jahren zurück – rustikal und zugleich fein gearbeitet, geschmackvoll und voller Ausdruck. Der Teigmantel ist buttrig und aromatisch, während der zarte, aber schnittfeste Aspik mit kraftvoller Intensität überzeugt. Ein Hauch von Lardo schützt die Füllung und sorgt für eine zusätzliche Aromentiefen. Die mittelgrobe Farce vom Hamburger Black Angus ist von intensiver Farbe, vollmundiger Würze und mit Mandeln und Haselnüssen harmonisch ausbalanciert. Dazu gibt es eine Sauce Gribiche, elegant gesäuert und voller Charakter. Begleitet wird die Pâte zudem von exzellenten knackigen Pickles aus Blumenkohl, Karotte, Navette, Radieschen und roten Zwiebeln – geschmacklich perfekt abgestimmt und mit genau der richtigen Balance aus Säure und Frische. Ein zeitloser Klassiker, der beweist, wie beeindruckend handwerkliche Perfektion und traditionelle Kulinarik miteinander verschmelzen können.

“Alte Schule neu gedacht – großartig”
Als Hauptgang gibt es den halben Helgoländer Hummer Thermidor und Bisque. Der Hummer überzeugt durch seine außergewöhnliche Frische und Qualität. Die butterzarten, aromatischen Stücke von Schwanz und Schere werden auf feinem Blattspinat, würzig confierten Artischockenwürfeln und knackigen Champignons angerichtet und mit einer luftigen Sauce Hollandaise, verfeinert mit 24 Monate gereiftem Gouda, gratiniert. Das Ergebnis ist ein Gericht voller Ausdruck und Tiefe. Dazu wird eine Bisque serviert, die durch ihre intensive Röstnote und ihren buttrigen Geschmack überzeugt und mit Basilikumöl dezent verfeinert wird, was ihr eine frische und elegante Note verleiht. Ein kompromissloses Bekenntnis zur klassischen Haute Cuisine - zeitlos, kraftvoll und perfekt umgesetzt.

Bolle Vanilleeis mit Crème fraîche, Kürbiskernöl, fermentierten Beeren und Kaviar bildet den Abschluss. Dieses Dessert könnte kaum besser in dieses Konzept passen: ausdrucksstark, kontrastreich und voller Finesse. Eine Interpretation des klassischen Vanilleeis mit Kernöl, mit dem dieses Dessert allerding nur noch entfernt etwas zu tun hat. Serviert in einer eleganten Schale mit hohem Stiel, besteht die Komposition aus einem intensiven, nussigen Kürbiskernöl, das über eine feine Schicht Crème fraîche geträufelt wird. Obenauf fermentierte Johannisbeeren, die für eine lebendige Säure und einen erfrischenden Kontrast sorgen, sowie eine knusprige nussige Hippe mit karamellisierten Kürbiskernen. Das Vanilleeis besticht durch seine perfekte seidige Textur und intensiven Geschmack. Den krönenden Abschluss bildet der feinperlige Kaviar, der sich harmonisch in das Geschmacksbild einfügt. Ein Dessert, das vor allem hervorragend schmeckt.
Zum Espresso nach dem Essen gibt es eine exzellente, handwerklich perfekt zubereitete Petit-Four-Auswahl „mit einigen der besten Macarons, die ich seit einiger Zeit gegessen habe“, konstatiert unser Inspektor.
Mit einem Taxi geht es nach dem Essen bei Hamburger Nieselregen ins 25hours Hotel HafenCity. Am nächsten Tag stehen das Kinfelts Kitchen & Wine und das Zeik auf dem Programm. Wie da wohl gekocht wird?
Die Redaktion behält sich vor, einzelne Details des Besuchs zu verändern, um die Anonymität unserer Inspektoren/innen zu schützen.
Die Wahl des Restaurants haben unsere Inspektoren/innen gemeinsam mit der Online-Redaktion getroffen.
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Illustration Image: © GLORIE Hamburg