Umbrien ist seit jeher für seine fruchtbaren Böden bekannt, die die Region zu einer der besten Italiens für den Anbau von Getreide und Hülsenfrüchten, Oliven und Wein machen. Diese Produkte bilden nicht nur die Grundlage für die italienische Hausmannskost, sondern auch für die Esskultur, um die uns die ganze Welt beneidet.
Das Unternehmen Mastri Birrai Umbri gehört zu den interessantesten Projekten im Hinblick auf den Respekt des Landes, Nachhaltigkeit und die Förderung des „Made in Umbria“.
Ein Familienunternehmen
„Unsere Familie arbeitet seit 250 Jahren in der Landwirtschaft“, erklärt Marco Farchioni, Initiator und Gründer von Mastri Birrai Umbri, gegenüber dem Guide MICHELIN. „Wir waren schon immer Bauern und Landwirte und sind stolz darauf. Mit Leidenschaft bauen wir die vier Pflanzen an, die die Grundlage für die Ernährung und das Leben der Menschen bilden: Olivenbäume, Weinreben, Weizen und Gerste. Seit jeher verarbeiten wir Weizen zu Mehl, Weintrauben zu Wein und Oliven zu Öl.“
„Es gab eine Zeit, da war meine Familie auch an der Viehzucht beteiligt: wir hatten etwa 5000 Kühe und Schweine. Dann entschied mein Großvater Pompeo, dass diese Tätigkeit im Sinne der Nachhaltigkeit nicht die Zukunft sein konnte, da sie den Boden zu sehr beanspruchte. Deshalb schlossen sie die Betriebe innerhalb von drei Jahren und waren damit dem Trend voraus, der sich heute in Bezug auf die Auswirkungen der intensiven Tierhaltung auf die Gesundheit des Planeten abzeichnet. Das war in den 1960er Jahren.“
Diese Entscheidung hat jedoch auch Probleme aufgeworfen. „Wir hatten viele Felder mit Gerste, die wir für die Zubereitung von Tierfutter verwendeten. Als wir die Viehzucht aufgaben, brauchten wir auch unsere Gerste nicht mehr. Wir verkauften sie an Dritte, aber das war nicht rentabel: Wenn man Geschäfte macht, muss Nachhaltigkeit auch wirtschaftlich sein, denn ein Unternehmer trägt die Verantwortung für die Familien seiner Angestellten. Damals war ich noch sehr jung und hatte, obwohl ich schon immer im Familienunternehmen gearbeitet hatte, noch keine klaren Vorstellungen vom geschäftlichen Betrieb.“
Wie bei jedem Projekt, ob beruflich oder privat, ist es immer die persönliche Leidenschaft, die am Ende den Unterschied macht. „1995 bin ich nach Deutschland gereist und habe mich in die deutsche Brauereikunst verliebt. Bei meiner Rückkehr kam mir auf einmal die richtige Idee. Seit meinem 15. Lebensjahr bestand mein Imbiss bei den Weizenfesten in der Erntezeit aus Brot und Mortadella, zu dem wir mit Softdrinks verdünntes Bier tranken, damit es weniger alkoholhaltig war.“
„Als ich älter wurde, begann ich, mich mit Brauverfahren zu beschäftigen, und mir wurde klar, warum ich lieber deutsches als italienisches Bier trank: Wir geben dem Bier einen Anteil Mais hinzu, was unsere deutschen Nachbarn nicht tun. Deshalb schmeckt das deutsche Bier irgendwie klarer oder reiner, weil es nur mit Malz (Gerste oder Weizen), Hefe und Hopfen gebraut wird. Sowohl Weizen als auch Gerste enthalten nämlich Stärke und Maltose, die sich von der Fruktose in Mais unterscheiden. Von da an hatte ich die Idee, ein Bier herzustellen, das meiner umbrischen Heimat ähnelt: rein, ehrlich, angenehm, verspielt und nachhaltig.“
So ist Mastri Birrai Umbria entstanden. „Das erste Bier kam aber erst 2010 auf den Markt“, fährt Marco Farchioni fort. „Ich bin ein Perfektionist. Unsere Ackerflächen befinden sich hauptsächlich in Gualdo Cattaneo und die Verarbeitungsbetriebe in der Provinz Perugia. D. h. unsere Produktion ist zu 100 % lokal. Zunächst mussten wir selbst Getreide von höchster Qualität anbauen. Danach folgten dreijährige Recherchen, um meinen persönlichen Stil zu finden. Mein Konzept ist Folgendes: Jedes Bier ist einer Person meiner Familie oder des Projekts gewidmet.
Ein Bier spiegelt die Persönlichkeit meiner Mutter Tosca wider, ein anderes hat einen starken Charakter wie mein Vater Pompeo, wieder ein anderes ist lebenslustig wie mein Bruder Giampaolo. Es gibt auch ein spezielles Bier für den Braumeister. Außerdem gehören wir zu den wenigen Brauereien der Welt, die auch Malz herstellen, so dass wir den gesamten Produktionszyklus in der Hand haben und keine von außen kommenden Zutaten verwendet werden. Opa Pompeo hat uns gelehrt, dass Nachhaltigkeit darin besteht, einen vollständigen Produktionszyklus ohne Abfall und Verschwendung zu schaffen, der in sich geschlossen ist.“
Doch bevor wir die Biere vorstellen, ist noch eine Besonderheit der Bierherstellung zu erwähnen. „Unsere Biere sind von höchster Qualität, mit unserer Heimat verbunden, aber das bedeutet nicht, dass sie komplex oder ‚verkopft‘ sind“, sagt Marco Farchioni. „Anders als Wein ist Bier ein intelligentes Produkt, das glücklich macht und auf andere Gedanken bringt, und das soll es auch bleiben. Für uns hat Bier die Eigenschaften eines Affen: neugierig, verspielt, intelligent und lustig. Jedes Produkt besteht aus fünf Zutaten und sonst nichts: Malz, Getreide, Wasser, Hefe, Hopfen.“
Die Biere von Mastri Birrai Umbri
Die Kreationen des Unternehmens Mastri Birrai Umbri beeindrucken durch ihre Vielfalt: Cotta 21 ist das Bier, das Mama Tosca gewidmet ist. „Es ist kein Zufall, dass es das meistverkaufte Bier ist – Mama hat eben immer Recht“, scherzt Marco Farchioni. Es wird aus altem Gerstenmalz aus Umbrien hergestellt, einer besonders milden und hellen Dinkelsorte mit Geschmacksnoten von Brot und Weizen. Es handelt sich um ein „universelles“ Bier, das für alle Situationen geeignet ist und jedem schmeckt.
Das Sor Pompeo ist ein besonderes Bier auf Linsenbasis. „Auch hier verwenden wir eine typische Linse aus Umbrien, die klein und dunkel ist, was ein dunkleres Bier mit geröstetem Malz und süßen und umhüllenden Noten ergibt, das im Geschmack immer ausgewogen ist. Seine würzigen Aromen passen sehr gut zu einem Schokoladenkuchen.“
„Das Cotta 37 ist das Bier meines Bruders Giampaolo, ein rotes Craft Bier, das in der Flasche fermentiert. Auch hier sind die Zutaten nicht alltäglich: Es handelt sich um ein ganz besonderes Bier auf der Basis von Kichererbsen. Es hat einen sehr angenehmen Geschmack und eine Bitterkeit mit pflanzlichen Noten, die es zu einem perfekten Getränk zu guter Pasta mit Tomatensoße oder einer Pizza Margherita machen.“
Das IPA ist dem Braumeister Michele Sesidoni gewidmet, der aus Umbrien stammt, aber den englischen Stil – das Indian Pale Ale – liebt. „Dieses Bier passt zu Michele, es ist sehr ausgewogen mit einem blumigen und fruchtigen Aroma und einem anhaltenden bitteren Abgang, der zum nächsten Schluck einlädt. Es passt gut zu Fleisch.“
Mit dem Utopia von Mastri Birrai Umbri „habe ich mir einen Traum erfüllt. Es ist mein Lieblingsbier, für dessen Herstellung ich 10 Jahre gebraucht habe“, erzählt Marco Farchioni gerührt. Sämtliche Zutaten werden in Umbrien angebaut, auch der Hopfen. Es ist bis heute das einzige italienische Bier, das von sich behaupten kann, ausschließlich Zutaten – vom Wasser bis zum Hopfen – aus der eigenen Region zu verwenden. Utopia ist ein frisches, pflanzliches und helles Bier. Es war schwierig, Hopfen, der normalerweise im Norden wächst, in Umbrien anzubauen, aber wir haben es geschafft. Utopia ist ein Bier, das unsere Region verkörpert: Der gesamte Produktionsprozess findet in einem Umkreis von 25 km statt. Träume können wahr werden, aber man braucht Durchhaltevermögen.“
„Das extremste Bier ist das Umbriaca, ein italienisches Traubenbier, Doppelmalz mit mindestens 20 % Most aus Sagrantino passito in zweiter Gärung. Das Bier hat mit bis zu 11 % einen hohen Alkoholgehalt, schmeckt aber sehr mild und angenehm.“
Und last, but not least produziert das Unternehmen das Evoca, ein nach „benediktinischem Verfahren“ hergestelltes Bier, das den Duft leichter Malzsorten mit der Intensität der eingetrockneten Sagrantino-Trauben verbindet. Das Aroma ist mit Noten von Zitrusfrüchten, Gewürzen und Sommerfrüchten besonders vielfältig.
Nachhaltiger Ansatz
Die Farchioni-Gruppe – zu der auch Mastri Birrai Umbri gehört – erstellt seit 2020 ihren eigenen zertifizierten Nachhaltigkeitsbericht, der in Übereinstimmung mit internationalen Standards und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen verfasst wird.
„Wir leben das Konzept der Nachhaltigkeit in unserer Heimatregion Umbrien bereits, da wir durch unsere lokale Produktion sämtliche Transportwege vermeiden“, sagt Marco Farchioni abschließend. „Unsere Betriebe sind auf dem neusten Stand der Technik und verschwenden weder Energie noch Wasser. Das Glas unserer Flaschen ist dunkel und kann unendlich oft recycelt werden.
Das erfordert natürlich hohe Investitionen, aber Nachhaltigkeit ist meiner Meinung nach ein grundlegender Wert, zu dem auch der Respekt gegenüber den Menschen und der Erde gehört. Echte Nachhaltigkeit kann nur durch einen täglichen Einsatz erreicht werden. Und ich muss sagen, dass die Nachhaltigkeit, die meine Familie seit Jahrhunderten anstrebt, in erster Linie das Ergebnis einer persönlichen Ethik und eines vernünftigen landwirtschaftlichen Konzepts ist. Wir wollen unseren Kindern eine Erde hinterlassen, die gesünder und reicher ist als die, die wir vorgefunden haben.“
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