Wo genau ist denn jetzt hier das Hotel? Wenn man auf den kleinen Ortsteil Zug in Lech zufährt, ahnt man nicht, welche Welt sich einem hier gleich eröffnet. Eine kleine Kapelle, ein paar Häuser, sonst nichts. Ganz vorne dann ein dunkel vertäfeltes Haus mit dem Schriftzug Gasthof Rote Wand.
Die Zufahrt ist schmal, ein paar Stufen geht es hinauf in das Haupthaus und dann ist man zu Gast. Nicht in irgendeinem Hotel, sondern zu Gast bei Familie Walch, im Walch's Rote Wand Gourmet Hotel. Bei Natascha und Josef, der von allen Joschi genannt wird, mit ihren erwachsenen Kindern Magdalena, Josef-Martin und Valentin. Und Alma, der liebenswürdigen Magyar-Vizsla-Hündin. Benannt ist das Hotel nach dem 2704 Meter hohen Berg Rote Wand. Je nach Lichtstimmung leuchtet in der 400 Meter hohen Felswand hinten im Tal eine Ader Liaskalk in Zinnoberrot.
Kurz das Gepäck aufs Zimmer bringen (oder bringen lassen) und schon steht in der Stube der erste Genuss bereit. Kuchen frisch aus dem Ofen, daneben eine große Schüssel Schlagobers. Beides einfach so zum selbst nehmen, wie bei guten Freunden.
Dass man das Hotel von außen kaum als solches wahrnimmt, liegt an seiner fast unscheinbaren Bauweise. Die 62 Zimmer verteilen sich auf fünf unterirdisch verbundene Gebäude, die sich in die Umgebung einfügen. Die Zimmer wurden aus natürlichen Materialien, heimischem Holz und in angenehm zurückhaltendem Design gestaltet. Wenn man ihre Behaglichkeit spürt, versteht man, warum das Hotel so viele Stammgäste hat.


Der Rote Wand Chef´s Table im Schulhaus
Am Abend steht das (erste) kulinarische Highlight an: Das Menü im mit zwei MICHELIN Sternen ausgezeichneten Rote Wand Chef´s Table. Von der Rezeption aus geht es ein paar Mal um die Ecke, Treppe runter, Treppe rauf und ohne dass man es richtig bemerkt hat, ist man durch einen unterirdischen Gang im „Schualhus“ gelandet, einem kleinen Gebäude von 1780, in dem früher Sennerei und Schule untergebracht waren. Joschi Walch berichtet nicht ohne Stolz davon, wie man das historische Bauwerk umgebaut hat: Die äußere Hülle wurde angehoben, darunter praktisch ein neues Haus gebaut und die historische Holzfassade wieder daraufgesetzt. Auch die aufwändigen Sprossenfenster sind dem Original nachempfunden. Wenn es dunkel ist, leuchtet das warme Licht geheimnisvoll nach außen. Wir sitzen für die Einstimmung zunächst in einer gemütlichen, privat wirkenden kleinen Stube.
Durch eine kleine Tür betritt Julian Stieger den Raum und muss sich fast bücken, um nicht gegen den Türrahmen zu stoßen. Der junge Koch hat in zahlreichen Weltklasse-Restaurants gearbeitet, u. a. im Geranium in Kopenhagen, im Eleven Madison Park in New York und im Wiener Steirereck, bevor er den Posten des Küchenchefs am Rote Wand Chef ’s Table übernahm. Und er hat mächtig abgeräumt: Vom Guide MICHELIN gab es für ihn den Young Chef Award und für den Chef´s Table zwei MICHELIN Sterne.
Auf einem Wagen schiebt er nun die Zutaten herein, aus denen das Menü gekocht wird: Ente, Stör, Wagyu und Kaviar sind dabei, ebenso Bodenständiges wie eine Steckrübe und viele Weckgläser. Zum Champagner gibt es unter anderem einen Kartoffel-Krapfen mit weißen Trüffeln und ein Tatar vom Tiroler Wagyu.
Nach dem genussvollen Auftakt geht es wieder ein paar Stufen hinauf und erst jetzt befindet man sich am eigentlichen Chef´s Table, einem der spannendsten Orte für Kulinarik in Österreich. Ein langer, rechteckiger Tresen umrahmt die offene Küche. Man sitzt auf bequemen Hochstühlen, umgeben von warmem Holz. Von hier sieht man dem Team bei der Arbeit zu. Wagyu-Tatar mit Portobello-Pilz und Schnittlauch, ein Blutwurst-Brot mit einem beachtlichen Berg an frisch gehobeltem Trüffel, Steckrüben-Gratin wie von einem anderen Stern mit gereiftem Bergkäse, konfiertem Knoblauch, gebackenen Bärlauchsamen, frischem Meerrettich sowie Holunder- und Senfsaat. Oder die Ente mit einer Sauce aus Steinpilzen, Schnittlauch, Lavendel und Tonburi.
Julian Stieger kocht Gerichte zum Wohlfühlen, die gleichzeitig viele Gelegenheiten für neue Entdeckungen bieten. Ein Menü, das das Hotel perfekt charakterisiert.
Nach drei Stunden geht es wieder zurück in die kleine Stube. Der Abend klingt mit Gesprächen bei duftendem Bergkräuter-Tee und Zimtknoten aus wunderbar flaumigem Germteig aus.


Am nächsten Tag. Frühstück wie zuhause
Der nächsten Morgen. Anderswo würde man jetzt für sein Frühstück emsig seine Brötchen vom Buffet zum Tisch tragen. Hier ist das anders, hier kann man sich zurücklehnen – das Frühstück wird am Tisch serviert. Porridge, Pancakes, Brot und Croissants aus der eigenen Bäckerei, perfekte Eierspeisen. Die Geräuschkulisse ist angenehm gedämpft, dafür sorgen auch die besonders wohnlich wirkenden, gut gefüllten Bücherregale. Frühstück wie zuhause.
Die Geschichte
Das Mutterhaus des Hotels mit dem markanten Schriftzug ist ein altes Walser Bauernhaus aus dem Jahr 1651. Rund 300 Jahre später wandelten die Eltern von Joschi Walch, Burgi und Josef Walch senior, das Haus in ein Café und Pension um. Die ersten Gäste kamen 1959. Nach der Übernahme des Gasthofs von seinen Eltern begann Joschi Walch 1989 mit dem Ausbau zum Hotel.Der Wirt, den man nie ohne Hosenträger sieht, wirkt gemütlich-genießerisch und rastlos zugleich. Er reist um die Welt, vernetzt sich, entwickelt das Hotel beständig weiter. Längst ist das Rote Wand Hotel mehr als nur eine Luxus-Herberge. Eher ist es Treffpunkt für Menschen, mit gleichem Faible: Gutes Essen und gute Gespräche – über gutes Essen.
Von den Walchs arbeiten alle im Hotel mit: Natascha Walch an der Rezeption und als gute Seele des Hauses, Joschi Walch als rastloser Visionär, Magdalena Walch kümmert sich um das Marketing, Valentin um die Gastronomie und Josef-Martin schwerpunktmäßig um die Gastfreundschaft, an der selbstredend alle fünf einen großen Anteil haben.


Mittagessen luftig souffliertes Wiener Schnitzel
Zeit für ein Mittagessen in den mit Grünem Stern ausgezeichneten Rote Wand Stuben. Küchenchef Manuel Hofmarcher kocht hier eine hervorragend bodenständige Küche, darunter viele österreichische Klassiker. Etwa das luftig soufflierte Wiener Schnitzel, ein Paté vom heimischen Wild mit Knollensellerie, eingelegten Vogelbeeren und Trüffel oder geschmorte Karotte mit Vadouvan, Spitzkraut und Ziegenfrischkäse. Nach Angaben des Hotels stammen 85 Prozent aller Lebensmittel, die hier verwendet werden, aus der Region.Und so sitzt man hier, genießt die entspannte, ruhige Atmosphäre, liest etwas oder lässt den Tag einfach so vergehen. Es ist dieser wohnliche, private Charakter, den das Hotel ein Luxushotel sein lässt, ohne sich wie ein Luxushotel anzufühlen.
Zwischendurch kommt man kurz ins Grübeln: Wäre etwas Bewegung vielleicht doch nicht so schlecht? Immerhin könnte man sich im 1500 m² großen Spa von finnischer Außensauna, Sole-Dampfgrotte, Biosauna oder Infrarot-Lichttherapiesauna bedampfen und wärmen lassen, Yoga mit Blick auf die Berge machen oder im ganzjährig beheizten Außenpool mit wohligen 32 °C ein paar Bahnen mit Alpenblick ziehen.


Culinary Lab - Friends and Fools Lounge
Am Abend geht es wieder ein paar Stufen hinunter, durch eine schwere Tür hindurch. Es öffnet sich ein großer Raum mit einer langen Tafel. An der Wand ein langes Regal mit Kochbüchern und unzähligen Einmachgläsern. Dies ist die „Friends and Fools Lounge“: kein klassisches Restaurant, sondern ein Ort für kulinarische Begegnungen, Kochkurse und kulinarische Events.In der Küche empfängt einen Koch Jamie Unshelm und es wird gleich klar, warum sein Reich auch „Culinary Lab“ genannt wird. Das Hotel hat seinen Arbeitsplatz mit allem ausgestattet, was man sich als Koch wünschen kann. Gefriertrockner, Zentrifuge, Squasher, Girovap, Spherificator und Zuckerwattemaschine sind nur ein kleiner Teil der Ausstattung.
Shoyu, Kombucha, Garum – was man durch Fermentation herstellen kann, stellt Unshelm her. Viele seiner Zutaten kommen aus der unmittelbaren Umgebung: Knospen und Zapfen, Pilze und Kräuter – für all das muss er nur in die umliegenden Wälder und Berge ziehen. Rotwild, Gams und sogar Steinbock kommen aus eigener Jagd.
In schöner Regelmäßigkeit kommen Kolleginnen und Kollegen aus den Küchen des ganzen Kontinents hierher oder es gibt Events zu Wein, Olivenöl und Kaviar. Alle, die hier waren, hinterlassen an den Wänden einen bunten Händedruck. Elif Oskan und Markus Stöckle aus Zürich waren schon da, Lukas Nagl aus dem Bootshaus in Traunkirchen oder Philipp Vogel aus dem Orania Berlin.
„Wir sind das freche Grinsen der Gourmetküchen, der bunte Farbtupfer im Bergpanorama und die genussvolle Alternative zu Wellness-Mantras“, sagt Familie Walch über sich und ihren Betrieb. Nirgends wird das so deutlich wie in der Friends and FoolsLounge.
Raus ins Freie – Wanderweg im Sommer, Skipiste im Winter
So behaglich und stets lecker es innen im Hotel ist – eine Reise ins Lechtal wäre verschenkt, würde man die Umgebung nicht selbst erleben. Also raus ins Freie!Im Sommer kann man hier rund 350 Kilometer Wanderwege erkunden. Seilbahnen, Sessellifte und Wanderbusse sorgen für mühelosen Aufstieg und komfortable Verbindungen zwischen den Etappen.
Im Winter sind alle Geräusche durch den frischen Schnee gedämpft, nur ein paar Langläufer ziehen mit einem leichten zischen vorbei. Auf den Winterwanderwegen rund um Lech kann man die Winterlandschaft erleben.
Und während es unten im Tal im Winter recht beschaulich ist, ist weiter oben mehr Betrieb. Auf einer Höhe von 1.300 bis 2.800 Metern verbinden 85 Bahnen und Lifte die 300 km Skipisten. Vom Rote Wand Gourmet Hotel hat man es dabei besonders bequem: Die Zugerbergbahn beginnt nur wenige hundert Meter unterhalb des Hotels.

Der letzte Abend nach drei erfüllten Tagen. Noch einmal genießen. Und noch einmal plaudern. In den Rote Walch Stuben füllt sich der Tisch, bis er sich fast biegt: Sauerteigbrot, Beinschinken, Mangalitza-Salami, Kürbiskern-Grammelschmalz, Saucen, Mixed Pickles, Rosmarinkartoffeln und in der Mitte zwei Töpfe auf offener Flamme: einer mit Rindssuppe, einer mit in Weißwein geschmolzenem Zuger Alpkäse – es ist Fondue-Zeit.
Die Gespräche kreisen um Gastronomie, Reisen und Politik – es wird rege diskutiert. Zwischendrin das Brot ins Käsefondue tauchen und einen Würfel Filet aufspießen, noch etwas von der Cocktail-Sauce, noch ein Glas Wein. Alle sind selig, alle sind gelöst. Zum Abschluss ofenwarme Buchteln. War es zwischendrin mal lauter, sind nun alle besänftigt. Andächtig werden die Buchteln in Vanillesauce getaucht.
Alma, die Hotelhündin, bekommt davon schon nichts mehr mit. Sie hat sich auf der Bank eingerollt und schläft tief.

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Anmerkung der Redaktion:
Bitte beachten Sie, dass sich die im Gourmet-Menü verarbeiteten Produkte saisonbedingt inzwischen verändert haben. Aktuell wird Ente beispielsweise mit Morcheln und Schnittlauch serviert, der Stör mit Pfifferlingen.
Illustration Image: © Rote Wand Gourmet Hotel I Robert Rieger