In der neuesten Ausgabe von „Chef's Table“ (Premiere am 28. April) stellt Netflix legendäre Köche wie Thomas Keller, José Andrés, Alice Waters und Jamie Oliver vor.
Einen Küchenchef wie Thomas Keller vorzustellen ist sowohl einfach als auch schwierig. Einfach, weil sein Ruf ihm vorauseilt. Schwierig, weil seine Leistungen so beeindruckend sind, dass sie in einer kurzen Einführung unmöglich zu erfassen sind.
Seit Jahrzehnten gehören Kellers Restaurants zu den besten der USA, darunter insbesondere The French Laundry (drei MICHELIN Sterne und Grüner Stern) in Kalifornien, Per Se (drei MICHELIN Sterne) in New York und seit kurzem The Surf Club Restaurant (ein MICHELIN Stern) in Florida.
Sein Einfluss reicht weit über seine eigenen Küchen hinaus. Seine Philosophien haben Generationen von Köchen geprägt, von denen viele unter seiner Anleitung ausgebildet wurden, bevor sie ihre eigenen preisgekrönten Restaurants eröffneten. Würden wir hier alle Namen aufzählen, würde das den gesamten Artikel füllen.
Trotz seiner vieler Auszeichnungen bleibt Keller bodenständig, bescheiden und freundlich – Eigenschaften, die er seiner Mutter zuschreibt.
Sein Ziel? Ganz einfach: Menschen glücklich zu machen.
In der Sendung nannte Sie Grant Achatz „den Präsidenten” und „die einzige Person, die alle als den Besten ansehen”. Welchen Rat würden Sie allen Köchen geben, die zu Ihnen aufschauen?
Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, der Beste zu werden. Ich gehe jeden Tag zur Arbeit und versuche, meine Arbeit besser zu machen als am Vortag. Wir haben über eine Verbesserung von 1 % an jedem Tag gesprochen. Als ich ein Kind war, sagte meine Mutter zu mir: „Wenn du jeden Tag einen Cent sparst, schau mal, wie viel Geld du in 20 Jahren hast.“ Diese täglichen kleinen Verbesserungen machen dich zu dem, der du bist.
Und dann gibt es Dinge, die man nicht kontrollieren kann. Entscheidungen verändern unser Leben. Die Entscheidung von Sally und Don, mir das French Laundry zu verkaufen, war bedeutend. Es war nicht meine Entscheidung, sondern ihre, aber letztendlich war es für beide Parteien eine wirklich gute Entscheidung.
Jeden Tag versucht man, seine Arbeit besser zu machen. Das Verlangen, dies zu schaffen ist ein wichtiger Teil davon. Es treibt mich und uns ohne Ausnahme jeden Tag an. Man ist nie der Beste. Wir sind keine Sportler. Ich habe größten Respekt vor Michelin, weil sie nicht sagen, dass jemand die Nummer eins ist. Sie sagen, dass man drei Sterne hat, und wir gehören zur Gruppe der 3-Sterne-Restaurants. Es gibt keine Nummer eins.
Sie haben es nach einer Kindheit mit Kraft Mac & Cheese geschafft, zu definieren, wie gut amerikanisches Essen sein kann. Wie sieht die Zukunft der amerikanischen Haute Cuisine aus?
Ich wünschte, ich hätte eine Kristallkugel. Ich kann Ihnen nicht wirklich sagen, wie es in Zukunft aussehen wird. Ich kann nur ausdrücken, was ich mit meinen Teams und in meinen Restaurants erlebe. Ich sehe zwei Generationen, die jünger sind als ich und die das gleiche Engagement, die gleiche Hingabe und den gleichen Wunsch haben, Menschen mit dem von uns zubereiteten Essen glücklich zu machen.
Wir müssen in die Vergangenheit blicken und die Geschichte der gehobenen Küche betrachten. Die Französische Revolution war gewissermaßen der Startschuss: Alle großen Köche der französischen Höfe verloren ihre Arbeit und eröffneten Restaurants. Die gehobene Küche hat mehrere Jahrhunderte überdauert – Kriege, Wirtschaftskrisen, Seuchen, was auch immer. Sie ist nicht zerbrechlich – schauen Sie sich Troisgros in Frankreich an. Vier Generationen, und dabei hat alles mit einem Buffet angefangen. Seit [über 55] Jahren ist das Restaurant mit drei MICHELIN Sternen ausgezeichnet.
Ich bin mir sicher, dass es die gehobene Küche auch noch in ein paar hundert Jahren geben wird. Wie sie dann aussehen wird, lässt sich unmöglich sagen. Aber ich hoffe, dass sie weiterhin für Integrität, Qualität und die Beziehungen zwischen Bauern, Fischern, Sammlern und Gärtnern und den Küchenteams, zwischen Winzern und Weinbergen und Sommeliers sowie zwischen uns und unseren Gästen steht. Und schließlich die Beziehung zwischen uns. Wenn wir uns nicht um uns selbst und unsere Teams kümmern, werden wir keinen Erfolg haben.
In Chef's Table: Legends sagten Sie: „Wenn man keinen Spaß hat, was hat das Ganze dann für einen Sinn?“ Was bedeutet Spaß für Sie heute in Ihren Restaurants?
In dieser Phase meines Lebens macht es mir einfach Spaß, mit dem jungen Team zusammen zu arbeiten und es zu unterstützen, wo ich kann. Spaß bedeutet für mich, mit den Gästen zu plaudern . Noch wichtiger ist es mir jedoch, ihnen Spaß zu bereiten.
Letztendlich geht es beim Kochen doch darum, Menschen glücklich zu machen. Das war schon immer unser Ziel. Wir möchten, dass sich unsere Gäste wohlfühlen, dass sie Spaß haben und mit dem Team und der Küche in Kontakt kommen. Wir möchten unseren Gästen ein umfassendes, ganzheitliches Erlebnis bieten.
Manchmal bekommen Köche die ganze Anerkennung, aber das Serviceteam ist wahrscheinlich das wichtigste Team im Restaurant. Ohne großartigen Service kann selbst das beste Essen an Wert verlieren. Man geht lieber in ein Restaurant mit wirklich gutem Service und gutem Essen als in ein Restaurant mit großartigem Essen und schlechtem Service, weil man sich im Restaurant wohlfühlen möchte.
Als ich aufwuchs, waren gehobene Restaurants ziemlich einschüchternd und steif. Laura Cunningham, meine Partnerin, erkannte, dass wir, wenn wir ein Restaurant eröffnen, ein Restaurant mit einer ungezwungenen Atmosphäre haben wollten, das dennoch exzellenten Service, exzellentes Essen und einen schönen Speisesaal bietet. Dazu gehörte auch, dass wir unseren Servicemitarbeitern erlaubten, mit unseren Gästen in Kontakt zu treten und ihre Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Die Atmosphäre ist ungezwungen, aber dennoch raffiniert und elegant, sodass die Gäste eine Beziehung zum Team aufbauen können. So haben alle Spaß.
Wie sieht es mit Spaß außerhalb Ihrer Restaurants aus?
Golf spielen. Das ist eine sehr einfache Frage, die keiner weiteren Erläuterung bedarf.
In der Sendung erwähnen Sie Köche, die Sie inspiriert oder Ihnen als Vorbild gedient haben. Welchen Koch aus der Vergangenheit würden Sie in Ihr Restaurant einladen und worüber würden Sie sich unterhalten?
Ich würde gerne Fernand Point an meinem Tisch haben. Ich kenne ihn nur aus dem, was ich über ihn gelesen habe. Ma Gastronomie ist ein faszinierendes Buch, eine Art Kochbuch, aber nicht in der Art, wie Rezepte heute geschrieben werden. Das gesamte Buch ist eigentlich eine Geschichte, und in der ersten Hälfte erzählt er einfach Geschichten. Ich würde auch gerne Mère Brazier an meinem Tisch haben.
Ich veranstalte jedes Jahr ein Chefkoch-Dinner, zu dem ich drei bis vier Generationen einlade, um einfach zu reden und Geschichten zu erzählen. Ich bin dankbar dafür, dass ich meine Geschichte erzählen kann und die Leute mir zuhören wollen.
Ich würde gerne mit ihnen am Tisch sitzen und ihren Geschichten lauschen, so wie ich das Glück hatte, mit großartigen Köchen wie dem leider kürzlich verstorbenen André Soltner, Alain Sailhac, Jean-Yves Piquet, Michel Richard und Paul Bocuse zusammenzusitzen. Das sind Menschen, die ihre Geschichten geteilt haben. Diese Geschichten inspirieren uns in vielerlei Hinsicht. Noch wichtiger ist jedoch, dass sie uns verbinden. Das ist das Wichtigste, woran wir denken sollten – wir sind Teil eines Berufsstandes, der durch die Geschichte und die Menschen, die vor uns da waren, miteinander verbunden ist.
Wer hat Sie außerhalb der kulinarischen Welt beeinflusst?
Wir sprechen immer von John Wooden, dem erfolgreichsten Basketballtrainer aller Zeiten. John spricht davon, sich auf die Zukunft vorzubereiten und darüber, was man tun muss, um herausragende Leistungen zu erbringen. Er hat dieses Ideal der Exzellenz zum Ausdruck gebracht, vor dem ich enorme Achtung habe. Wenn man in einem unserer Restaurants eine Führungsposition übernimmt, sei es als Souschef oder als Restaurantleiter, erhält man zu seinem Geburtstag ein Exemplar von John Woodens Buch geschenkt.
Was möchten Sie hinterlassen?
Das Vermächtnis wird von anderen definiert. Jede Person, die mich kennt, über mich Bescheid weiß oder in Zukunft über mich liest – ihre Erinnerungen, Gedanken oder Erkenntnisse – das wird mein Vermächtnis sein.
Das ist nichts, worauf ich mich konzentriere. Ich konzentriere mich auf heute und morgen, damit unsere Teams besser werden und Beziehungen und Freundschaften aufbauen können. Unseren Bauern, Fischern, Sammlern und Gärtnern wird nie genug Aufmerksamkeit und Anerkennung zuteil. Ohne sie wären wir nichts. Wenn man kein gutes Huhn bekommt, was für ein Koch kann man dann schon sein?
Wenn ich an den Thomas Keller meiner Vergangenheit zurückdenke, hätte ich mir nicht in einer Million Jahre träumen lassen, dass ich einmal der Thomas Keller sein würde, der ich heute bin. Ich bin jeden Morgen aufs Neue überwältigt, wenn ich in den Garten des French Laundry trete und sage: „Wow, das gehört uns.“
Dafür danke ich Gott. Ich danke meinen Mentoren und ganz besonders meiner Mutter. Und Laura Cunningham, weil sie seit unserer Eröffnung ein wichtiger Teil dieses Restaurants ist. Ich kann meine Dankbarkeit für alles, was sie für die Gastronomie im Allgemeinen und insbesondere für den Service geleistet hat, gar nicht in Worte fassen.
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Netflix © 2025