Eine gastronomische Kultstätte
…anders kann man das legendäre „Tantris“ kaum bezeichnen. Zum einen ist es schon allein aufgrund seines langen Bestehens (gegründet im Jahre 1971) und der nahezu ebenso langen Auszeichnung mit zwei (zeitweise sogar drei) MICHELIN Sternen eine echte Institution in München. Zum anderen bewahrt auch das Restaurant selbst von Anfang an seinen ganz unverwechselbaren Charme – das gilt für die 70er-Jahre-Architektur des Gebäudes ebenso wie für das Interieur mit seinen prägnanten Retro-Elementen. Ebenso legendär: Hans Haas. Seit fast 30 Jahren pflegt er als Küchenchef den kulinarischen Kultstatus des „Tantris“ und führt die Sterne-Tradition fort.
Auf der Höhe der Zeit, auch ohne modische Trends
Ausflüge in die Molekularküche oder sonstige kreative Experimente sind nicht sein Ding. Hans Haas kocht ohne modischen Firlefanz. Seine Küche hat eine ganz klassische Basis, dennoch geht Haas mit der Zeit und setzt auf angenehme Klarheit. Moderne Elemente kommen bei ihm wohldosiert und stimmig zum Einsatz. Dabei wahrt er stets eine gewisse Einfachheit und Bodenständigkeit, was der Finesse aber keinerlei Abbruch tut.
Genau dieser gelungene Spagat macht seine Küche aus und garantiert ehrlichen, unverfälschten Geschmack. Hier kommt sicher auch der Umstand zum Tragen, dass der sympathische Tiroler auf einem Bauernhof aufgewachsen ist und schon von klein auf die Natur wertschätzte. So manches, was heute von vielen jungen Gastronomen „neuentdeckt“ wird, ist schon lange fest in der Haas’schen Küchenphilosophie verankert. Der seit einiger Zeit auffällige Trend zur Regionalität wird von Hans Haas seit jeher umgesetzt. Schon immer legt er Wert auf regionalen Bezug und stellt die natürlichen Aromen ausgesuchter Produkte in den Fokus. Und auch die heute als „Nose to Tail“ allseits gelobte Verwertung des gesamten Tieres ist für ihn nichts Neues, so finden sich beispielsweise Ochsenschwanz und Kalbskopf immer wieder auf seiner Karte.
Der Respekt seiner Kollegen und Weggefährten ist ihm gewiss
Einer davon ist „Tantris“-Inhaber Felix Eichbauer, dem mit der Verabschiedung von Hans Haas keine leichte Aufgabe bevorsteht. Seit er das Restaurant 2006 von seinem Vater Fritz Eichbauer übernahm, hat er Hans Haas all die Jahre sehr geschätzt, fachlich ebenso wie menschlich. Mit fast 30 Jahren überdauert die Haas’sche Amtszeit im „Tantris“ sogar die seiner hochkarätigen Vorgänger Eckart Witzigmann und Heinz Winkler zusammen. Nun muss Felix Eichbauer diese Legende am Herd schweren Herzens verabschieden.
“Auf diese Küche ist einfach Verlass”
Regelrechte Hochachtung kommt auch von Eckart Witzigmann. Mit ihm verbindet Hans Haas eine ganz besondere Beziehung, war er doch vor seiner Zeit im „Tantris“ einige Jahre Souschef in Witzigmanns Münchner „Aubergine“. Gegenseitiger Respekt und gute Zusammenarbeit - und vielleicht auch ein bisschen die gemeinsame österreichische Heimat - ließen aus dem Lehrmeister-Schüler-Verhältnis sogar Freundschaft werden. Eckart Witzigmann war es auch, der sich für Haas als Nachfolger von Heinz Winkler im „Tantris“ aussprach, immer die Förderung seines beachtlichen Talents im Blick!
Ehrliche Anerkennung auch aus dem Hause Michelin. Unter der Regie von Hans Haas erlebten die Inspektoren über Jahrzehnte beständig hohes Küchenniveau. Wissend um das Können, das Geschick und den Sachverstand dieses großartigen Kochs wurden die regelmäßigen Testessen für sie zu einem echten Vergnügen. Keine Seltenheit waren da lobende Worte wie „ein absolut herausragender Vertreter seiner Zunft, der trotz seines Erfolgs auf dem Boden geblieben ist“ oder „beispielhaft, wie Hans Hass Klassik wahrt, ohne jemals langweilig zu werden“ oder auch „auf diese Küche ist einfach Verlass“.
Und dann sind da noch die vielen vielen Köche, die im „Tantris“ unter Hans Haas eine lehrreiche Zeit erleben durften, gab er ihnen doch jede Menge Wissen und Fertigkeiten mit auf den Weg. Alle sind voll des Lobes. Doch nicht nur von seinem reichen Erfahrungsschatz und seiner fachlichen Kompetenz profitierten sie, auch die menschliche Seite kam nie zu kurz.
Seit 1991 hat Hans Haas die Leitung der Küche inne, Jahr für Jahr bestätigte er die zwei MICHELIN Sterne. Ende 2020 heißt es mit seinem Einstieg in den wohlverdienten Ruhestand nun Abschied nehmen von einem ganz Großen seines Metiers.
Wer hätte bei der Gründung des Restaurants durch Fritz Eichbauer im Jahre 1971 gedacht, dass das „Tantris“ – nicht zuletzt dank des Zutuns von Hans Haas - einmal als Wiege der deutschen Spitzenküche in die Geschichte der hiesigen Gastronomie eingehen würde?
Und wie geht’s weiter?
Mit dem Ende der Ära Hans Haas wird es vermutlich ein etwas anderes „Tantris“ geben – so jedenfalls der Plan von Felix Eichbauer. Frisch renoviert und mit neuem Küchenchef wird Mitte 2021 ein neues „Tantris“ an den Start gehen. Die Wiedereröffnung fällt zufällig auch noch mit dem 50. Jubiläum des Restaurants zusammen. Einen neuen Executive Chef haben die Eichbauers bereits gefunden: Matthias Hahn heißt er und er bringt reichlich Spitzengastronomie-Erfahrung mit. Einer der beiden neuen Küchenchefs wird Benjamin Chmura.
Und welche Pläne hat Hans Haas für die Zukunft? Auch nach seinem Rückzug vom „Tantris“- Herd wird bei der Kochlegende sicherlich keine Langeweile aufkommen. Da sind schließlich noch seine Familie und sein Faible für Kunst. Und über ein weiteres Kochbuch aus der Feder von Hans Haas dürfte sich auch so mancher freuen…
Photo Credits
Tantris bei Nacht © Christoph A. Hellhacke
Hans Haas © Mike Krueger
Tantris Innenansicht © Christoph A. Hellhacke
Medaillon vom Reh © Jörg Lehmann