Der Bib-Gourmand-Award beweist, dass gutes Essen nicht teuer sein muss! Sie kennen ihn nicht? Dargestellt in Form des schlemmenden MICHELIN Männchens – dem „Bibendum“, kurz „Bib“ genannt - steht der Bib-Gourmand-Award für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis des Guide MICHELIN. Wir stellen Ihnen jeden Monat einen „Bib“ aus unserer Auswahl vor. Lesen Sie, was man bestellen sollte, wann man am besten einkehrt und welche Preisstruktur Sie auf der Speisekarte finden.
Seit 2013 betreiben Simon und Sarah Kaiser das „Esszimmer“ im oberschwäbischen Mittelbiberach – etwas außerhalb gelegen, in einem modernen Sportcenter. Die Lage ist ungewöhnlich, das Konzept klar: Statt eines klassischen Menüs serviert man rund 30 kleine Gerichte im Tapas-Stil, die sich am Tisch individuell kombinieren und teilen lassen. In Verbindung mit herzlichem Service, angenehmer Atmosphäre und einem klaren Fokus auf Regionalität ist so ein Ort entstanden, der das gemeinsame Essen neu denkt – mit schwäbischer Handschrift, aber ohne kulinarische Grenzen.
Der Innenraum verbindet geradlinige Moderne mit persönlicher Gestaltung – eine Handschrift, die Gastgeberin Sarah Kaiser als studierte Kunsttherapeutin gemeinsam mit ihrem Team prägt. Die Speisekarte wechselt mit den Jahreszeiten, gekocht wird mit Produkten aus der Region: etwa Lachsforelle aus Obermarchtal, Ziegenkäse von lokalen Höfen oder Fleisch aus eigener Zerlegung. Serviert wird in mehreren Runden oder auf einmal – ganz nach Gusto. Wer mag, ergänzt die kleineren Gerichte durch ein „bisschen mehr“: zum Beispiel ein gegrilltes Filet vom Edelwaller oder ein Kotelett vom Mettenberger Bio-Schwein.
Gekocht wird produktbezogen, mit saisonaler Ausrichtung und vielfältigem Spektrum – von regionalen Klassikern bis zu asiatisch oder französisch inspirierten Ideen. Besonders gut haben unseren Inspektorinnen und Inspektoren bei ihrem letzten Besuch Muhammara mit Brot, Bärlauchsuppe, gebackene Rinderschmorpralinen, Pulled Austernpilze, Samosa sowie „Fish & Chips“ gefallen. Auf der vielseitigen Karte stehen unter anderem "Albzarella" von der Hohensteiner Hofkäserei als Clubsandwich mit Pfirsich, Rucola und Rhabarber Ketchup, hausgemachte Bratwurst mit Kimchi, Karotten-Ingwer Püree, Rettich und grobem Senf oder ein vegetarisches Auberginen Schnitzel in Knusperpanade. Drei bis vier Gerichte pro Person reichen meist aus – die Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig!
Unsere Fragen beantwortet Simon Kaiser, Küchenchef im Esszimmer.
Welches ist „das“ Gericht auf Ihrer Karte, das man unbedingt probieren sollte?
„Durch unser Tapas-Konzept ist die Auswahl groß, und die 'Signature Dishes' nicht ganz einfach zu bestimmen. Es gibt jedoch ein paar Topseller, die von unserer Speisekarte womöglich nie gestrichen werden. Dazu gehören unsere Rinderschmorpralinen mit roter Zwiebelmarmelade. Auch sehr beliebt ist unser regionales Sashimi von der gebeizten Lachsforelle mit Algensalat und Miso Mayonnaise. Die hausgemachten Teigtaschen sind ein Renner: Momos – nepalesische Teigtaschen mit Spitzkraut und Räuchertofu.“
Welche Preisspanne können die Gäste bei Ihnen erwarten?
„Vorspeisen ab 14 Euro, Hauptgänge 16 bis 35 Euro, kleine Tapas-Desserts ab 4,90 Euro.“
Wie beschreiben Sie Ihre Küche?
„Wir orientieren uns an der oberschwäbischen Region in all ihrer Vielfalt. Die Saison gibt letztlich den Ton an. Unser Küchenstil ist sehr breit gefächert. Wir lieben die deutsche Küche, meist klein verpackt als ein Tapas-Gericht wie z. B. unsere hausgemachten Maultaschen. Aber auch Ausflüge in die asiatische und französische Küche finde ich spannend.“
Wann ist die beste (Jahres-)Zeit, um bei Ihnen zu essen?
„Jede Zeit hat ihren Reiz. Da wir zu unterschiedlichen Jahreszeiten diverse schöne Lebensmittel verarbeiten, ist die Speisekarte bei uns immer ein Highlight.“
Wie gehen Sie vor, um ein Menü zusammenzustellen, das sowohl interessant als auch erschwinglich ist?
„Ich schaue zunächst, was bei unseren Bauern aktuell wächst, welcher Käse z. B. Saison hat bei unserer Käsefrau und ob vielleicht Jagd ist, wir noch gepickeltes Gemüse haben oder sonstige andere Produkte, die etwas Zeit brauchen, um zu reifen. Aus diesen Bestandteilen basteln wir dann unsere Gerichte.“
Wie halten Sie Ihren hohen Standard angesichts steigender Kosten für die Zutaten?
„Das ist natürlich ein spannendes Thema. Durch teilweise direktbezogene Lebensmittel vom Erzeuger oder auch ganze Tiere wie unser Kartoffelschwein – woraus wir wiederum einige Gerichte kreieren können – sind die Kosten gut in den Griff zu kriegen. Wir machen z. B. unsere eigenen Bratwürste für unseren Biergarten im Sommer. Die Koteletts sind dry aged und ein Tapa ist auch unser hausgemachtes Rauchfleisch – ein absolutes Must-have!“
Welche zukunftsweisenden Initiativen gibt es in Ihrem Restaurant?
„Ich versuche, das Unternehmen Esszimmer so breit wie möglich zu platzieren. Wir möchten ein Portfolio anbieten, das unterschiedlichste Ansprüche und Wünsche erfüllt. Wir kochen unser komplettes Tapas-Konzept auch zuhause auf Anfrage, machen natürlich Catering und öffnen einmal im Jahr ein Pop-up-Restaurant für vier Wochen in der Innenstadt. Die Location wechselt jährlich, die Menüs sind einmalig. Ich finde es wichtig, immer einen Spannungsbogen zu schaffen, um die Gäste zu begeistern. Das geht heutzutage nur mit einem breiten Angebot. Wir schaffen das möglichst nachhaltig. Außerdem setze ich viel auf Auszubildende. In meiner Küche sind der Großteil Azubis – die machen alle einen tollen Job und sind für unsere Zukunft entscheidend. Wir brauchen den Nachwuchs, sonst kommen wir in vielen Branchen nicht weiter.“
Wir bedanken uns für das Gespräch!
Entdecken Sie die Serie: Unser «Bib» des Monats
Klicken Sie hier für alle Bib Gourmands Deutschlands
Abonnieren Sie auch unseren Newsletter
Illustration Image © Andy Brüstl / Esszimmer Mittelbiberach